Im April 2014 verabschiedete die Europäische Union eine Resolution, derzufolge jeder Bürger der EU, gleich ob mit festem Wohnsitz oder ohne, die Möglichkeit bekommen muss, eine Bankverbindung zu besitzen. Immerhin leben in der EU immer noch 40 Millionen Menschen ohne Girokonto. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. Möglicherweise sieht es die alte Bäuerin in den sardischen Bergen als eher nicht notwendig, der Obdachlose in der Münchner Innenstadt kann kein Konto eröffnen. Dabei ist dies gerade der Teufelskreis: Keine Wohnung, kein Konto, kein Konto, keine Wohnung. Alleine in Deutschland soll die Zahl der Bürgerinnen und Bürger ohne Girokonto 670.000 betragen. Die Bundesregierung will hier entgegenwirken. Viele Menschen hierzulande gehen davon aus, dass eine negative Schufa gleichbedeutend mit der Tatsache ist, dass eine Kontoeröffnung nicht möglich scheint. Dieser Sachverhalt stimmt so nicht. Auch für diesen Personenkreis besteht eine Lösung.
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Das Girokonto auf Guthabenbasis
Trotz der geplanten Intervention der Bundesregierung ist es bei vielen Banken heute schon möglich, auch bei kritischsten Bedingungen ein Konto zu eröffnen. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Banken, jedem Bürger ein Konto zur Verfügung zu stellen, wird vor allem von den großen Banken schon seit vielen Jahren konsequent umgesetzt. Die Sparkassen waren aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags vielen Bundesländern von Haus aus dazu verpflichtet, Guthabenkonten zu eröffnen. Wie funktioniert ein solches Guthabenkonto?
- Banken dürfen keine monatlichen Mindestumsätze verlangen.
- Das Guthabenkonto lässt keine Kontoüberziehung zu.
- Für das Guthabenkonto wird in der Regel keine EC-Karte, sondern nur eine BankCard ausgegeben.
- Als Ergänzung für das Bezahlen mit Unterschrift stehen Kreditkarten auf Prepaid-Basis zur Verfügung.
Mit diesen Kriterien ermöglichen es Guthabenkonten den Verbrauchern, wie gewohnt am Zahlungsverkehr teilzunehmen. Die Sparkassen bieten, im Gegensatz zu anderen Banken, durchaus eine EC-Karte an. Die Zahlungen an den Kassen können aber nur ausgeführt werden, wenn das Konto entsprechende Deckung aufweist. Die Sparkassen in Deutschland haben sich, losgelöst von ihrem gesetzlichen Auftrag, bereits 2012 bundesweit zur Eröffnung von Guthabenkonten, dem sogenannten Bürgerkonto, verpflichtet. „Wir sind überzeugt, dass dies ein wichtiger Beitrag zum Gemeinwohl ist“, so der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) Georg Fahrenschon in einem Interview mit der FAZ.
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Augen auf bei der Kontoauswahl
Wer abseits der etablierten Banken und Sparkassen nach einem Guthabenkonto Ausschau hält, sollte die Konditionen allerdings sehr gut vergleichen. Guthabenkonten werden nicht ohne monatliche Kontoführungsgebühren bereitgestellt. Dabei reicht die Bandbreite allerdings von einer Pauschale in Höhe von fünf Euro monatlich bis zu extrem hohen Kosten bei den reinen, auf Guthabenkonten spezialisierten Onlineanbietern. Im Extremfall fielen diese folgendermaßen aus:
- Einmalige Aktivierungsgebühr von 39 Euro.
- Monatliche Kontoführungsgebühr in Höhe von 9,90 Euro.
- Pro Buchungsposten fällt ein Entgelt von 0,50 Euro an.
- Ab dem sechsten Überweisungseingang sind auch Gutschriften gebührenpflichtig.
- Wer mehr als eine Barverfügung am Geldautomaten im Monat vornimmt, muss pro Abhebung 5,95 Euro zusätzlich entrichten.
Von diesen Angeboten ist schlicht abzuraten. Die separate Gebühr für jeden Buchungsposten wurde vom Bundesgerichtshof im Januar 2015 allerdings für unwirksam erklärt. Gerade wer aufgrund eines engen finanziellen Spielraums nur noch ein Guthabenkonto führen darf, muss auf die Gebühren achten. Leider ist die Vermutung, dass die Sparkassen zu den günstigsten Anbietern für Guthabenkonten zählen, zeigt sich jedoch als Fehleinschätzung. Das günstigste Angebot kommt von einer klassischen Direktbank.
Fazit
Guthaben- oder Bürgerkonten stellen sicher, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können. Auch wenn noch nicht alle Banken mitziehen, bietet sich doch eine breite Auswahl an Konten. Verbraucher sollten allerdings genau auf die Gebühren achten. Prepaid-Kreditkarten runden das Angebot zur Kontoführung auf Guthabenbasis ab.