BGH: Skandal um PIP Brustimplantate landet vor dem EuGH

Der Skandal um mangelhafte Brustimplantate des französischen Herstellers PIP landet vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 9. April über die Schmerzensgeldforderungen einer Frau zu entscheiden und hat zunächst beschlossen, dem EuGH wichtige Fragen zur Klärung vorzulegen.

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Von dem Skandal um die PIP-Brustimplantate sind weltweit ca. 500.000 Frauen betroffen, davon rund 5.000 aus Deutschland. Eine von ihnen klagt auf 40.000 Euro Schmerzensgeld, weil der TÜV die Brustimplantate nicht ausreichend kontrolliert hatte.

Denn im Frühjahr 2010 entdeckte eine französische Überwachungsbehörde, dass die inzwischen insolvente Firma PIP die Implantate zu einem großen Teil mit billigem Industriesilikon befüllt hatte. Der TÜV Rheinland war für die Zertifizierung der Implantate zuständig. Die betroffene Klägerin ließ sich die Implantate 2012 wieder entfernen und klagt auf Schmerzensgeld. Bisher ist sie mit Forderungen gegen die behandelnden Ärzte, gegen die Versicherung des Herstellers und auch gegen den TÜV Rheinland gescheitert. Sie ließ sich jedoch nicht entmutigen und landete nun mit ihrer Klage vor dem BGH. Auf eine Entscheidung wird sie allerdings weiter warten müssen. Denn die Karlsruher Richter wollen erst den EuGH konsultieren und die folgenden Fragen zur Auslegung der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte vorlegen:

Ist es Zweck und Intention der Richtlinie, dass die mit dem Audit des Qualitätssicherungssystems, der Prüfung der Produktauslegung und der Überwachung beauftragte benannte Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III zum Schutz aller potentiellen Patienten tätig wird und deshalb bei schuldhafter Pflichtverletzung den betroffenen Patienten unmittelbar und uneingeschränkt haften kann?

Ergibt sich aus den genannten Nummern des Anhangs II der Richtlinie 93/42/EWG, dass der mit dem Audit des Qualitätssicherungssystems, der Prüfung der Produktauslegung und der Überwachung beauftragten benannten Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III eine generelle oder zumindest anlassbezogene Produktprüfungspflicht obliegt?

Ergibt sich aus den genannten Nummern des Anhangs II der Richtlinie 93/42/EWG, dass der mit dem Audit des Qualitätssicherungssystems, der Prüfung der Produktauslegung und der Überwachung beauftragten benannten Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III eine generelle oder zumindest anlassbezogene Pflicht obliegt, Geschäftsunterlagen des Herstellers zu sichten und/oder unangemeldete Inspektionen durchzuführen?

Diese Fragen seien für die Entscheidung über die Revision der Klägerin erheblich, heißt es in der Pressemitteilung des BGH. Sie betreffen einerseits die Frage der Drittwirkung der Pflichten einer benannten Stelle zugunsten der Patientinnen und andererseits den Umfang der Überwachungspflichten. Da die Fragen auf der Grundlage der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte beantwortet werden müssen, ist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft zuständig, zur Fortbildung des Europäischen Rechts die Richtlinie auszulegen.

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