Im Abgasskandal erhält die Käuferin eines VW Caddy ihr Geld zurück und muss sich keinen Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Das hat das Landgericht Halle mit Urteil vom 12. Februar 2019 entschieden (Az.: 5 O 109/18). Durch einen Nutzungsersatz würde VW „unbillig entlastet“, stellte das Gericht fest.
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„Zahlreiche Gerichte haben im Abgasskandal bereits entschieden, dass die geschädigten Kunden vorsätzlich sittenwidrig getäuscht wurden und deshalb Anspruch auf Schadensersatz haben. In diese Rechtsprechung reiht sich das Urteil des Landgericht Halle ein. Das Urteil sticht aber vor allem deshalb heraus, weil das Gericht VW den Anspruch auf einen Nutzungsersatz abspricht. Diese Auffassung hatte bisher nur das Landgericht Augsburg vertreten. Für die Käufer bedeutet dies, dass sie die Fahrzeuge über Jahre praktisch kostenlos genutzt haben“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte die Klägerin im Mai 2015 einen VW Caddy gebraucht gekauft. Im Herbst 2015 flog der Abgasskandal auf und auch der VW Caddy der Klägerin war von den Abgasmanipulationen betroffen. Das Software-Update ließ die Klägerin nicht aufspielen, sondern verlangte die Erstattung des Kaufpreises gegen die Rückgabe des Fahrzeugs.
Die Klage hatte Erfolg. VW habe die Klägerin durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und sei daher zum Schadensersatz verpflichtet, so das LG Halle. Durch das bewusste Inverkehrbringen von gesetzeswidrig ausgestatteten Fahrzeugen sei von einem entsprechenden Schädigungsvorsatz auszugehen. Die Schädigung der Käufer sei aus Profitstreben zumindest billigend in Kauf genommen worden, führte das LG Halle aus. VW habe sich daher schadensersatzpflichtig gemacht und habe keinen Anspruch auf die Anrechnung eines Nutzungsersatzes. Durch den Einbau der Manipulationssoftware habe VW Millionen von Autokäufern bewusst und sittenwidrig getäuscht. Durch die Anrechnung eines Nutzungsersatzes würde VW angesichts dieses Verhaltens unbillig entlastet. Daher sei von einem Nutzungsersatz abzusehen, so das LG Halle.
Als die Klägerin den VW Caddy gekauft hat, hatte dieser einen Kilometerstand von rund 14.450 Kilometern. Am Tag der Gerichtsverhandlung betrug der Kilometerstand rund 67.460 Kilometer. „Die Klägerin ist mit dem Caddy also rund 53.000 Kilometer gefahren und muss dafür keinen Nutzungsersatz zahlen. Das Urteil zeigt, dass es sich lohnen kann, Schadensersatzansprüche gegen VW geltend zu machen“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal.