Wenn Banken eigene Zins-Swaps-Verträge anbieten und damit höchst spekulative Produkte im Angebot haben, dann darf ein Kunde höchste Ansprüche an die Beratungsqualität stellen. Mit einem Urteil vom 22. März 2016 (XI ZR 425/14) hat der BGH einer NRW-Kommune Recht gegeben, die die WestLB wegen falscher Anlageberatung verklagt hatte. Zuvor hatten sich bereits die Vorinstanzen auf die Seite der Kommune gestellt. Die Kommune hatte mehrere Millionen Euro in drei Zinsswaps-Verträge investiert und viel Geld verloren.
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Streitpunk nun: Bei allen drei streitgegenständlichen Zinssatz-Swap-Verträgen war der Marktwert bei Abschluss aus Sicht der Klägerin in Höhe von mindestens rund 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrags negativ. Darüber war die Klägerin nicht informiert worden.
Dem Antrag der Klägerin auf Zahlung und Feststellung hatte das Landgericht Köln unter dem Gesichtspunkt einer schuldhaften Beratungspflichtverletzung bereits teilweise stattgegeben. Das Oberlandesgericht Köln entsprach den Forderungen der Kläger-Kommune sogar komplett. Der BGH unterstrich diese Rechtsauffassung, gab das Verfahren aber zur Klärung wichtiger Fragen an das Berufungsgericht zurück.
Der Bundesgerichtshof hat damit die Grundsätze aus seinem Urteil vom 28. April 2015 zur Verjährung wiederholt (sie auch Pressemitteilung Nr. 70/2015). Er hat außerdem weitere für die Praxis relevante Fragen geklärt. Erneut wies der BGH u.a. darauf hin, dass zwischen Kommune und Bank ein Kapitalanlageberatungsvertrag zustande gekommen sei mit hohen und deutlichen Anforderungen an die Beratungsqualität. Wenn der mit der Bank selbst abgeschlossene Zinsswap-Vertrag bereits einen negativen Marktwert vorweise, müsse die Bank darauf hinweisen, weil sie über schwerwiegende Interessenskonflikte hätte aufklären müssen.
Erstmals konkretisierte der BGH, dass ein Interessenskonflikt offengelegt werden muss, wenn der Zinsswap-Vertrag in Zusammenhang mit einem Darlehensvertrag abgeschlossen wird. Ausnahmsweise besteht nur dann keine Pflicht zur Offenlegung, wenn die Bank sowohl Vertragspartner beim Zinsswap als auch Darlehensgeberin für dessen Finanzierung ist. Darüber hinaus müssen sich Bezugsbetrag und Darlehensvaluta decken. Auch weitere Eckwerte müssen bei Darlehen und Zinsswap so übereinstimmen, dass zumindest partiell entweder ein variabel verzinstest Darlehen in wirtschaftlicher Hinsicht in ein Festzinsdarlehen umgewandelt wird oder umgekehrt. Diese Deckungsgleichheit wird als „konnex“ bezeichnet und nimmt die Bank von der Offenlegungspflicht aus. Wenn aber spekulative Elemente überwiegen, muss die Bank über diesen Interessenskonflikt aufklären.
Markus Jansen ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Neuss. Für ihn ist die aktuelle BGH-Entscheidung ein wichtiges Puzzle bei der Aufarbeitung der Swap-Problematik. Viele Städte oder ähnlich strukturierte Anleger wie Verbände und Organisationen hatten immer wieder auf Berater der Bank Ihres Vertrauens gehört und viel Geld in höchst komplexe Finanzmarktprodukte gesteckt. Jansen: „Kaum einer dieser Bankkunden hat auch nur im Ansatz begriffen, worum es bei diesen Swaps überhaupt geht. Dass man Banken ihre Beratungsfehler heute auf Basis höchst richterlicher Entscheidungen in vielen Fällen nachweisen kann, trägt erheblich zur Gerechtigkeit bei. Insbesondere die Aufklärungspflicht über anfänglich negative Marktwerte von Swaps war bislang nicht deutlich definiert!“
AJT Jansen Treppner Schwarz & Schulte-Bromby
Steuerberater Rechtsanwälte