Betrug, Untreue, Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht – das ist nur ein Teil der Vorwürfe, denen sich Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere Führungskräfte stellen müssen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen die fünf Personen Anklage im Abgasskandal erhoben, wie sie am 15. April 2019 mitteilte.
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Winterkorn wird in der Anklage u.a. vorgeworfen, dass es seit dem 25. Mai 2014 Kenntnis von den Abgasmanipulationen gehabt, es aber unterlassen habe, die Manipulationen vor den zuständigen Behörden in Europa und den USA sowie gegenüber den Kunden offenzulegen. Ebenso wenig habe er den Abbau weiterer Abschalteinrichtungen verboten noch den Vertrieb der Fahrzeuge mit manipulierten Abgaswerten gestoppt. Darüber hinaus habe der Konzern mit Wissen und Billigung Winterkorns im November 2014 ein Software-Update mit Kosten in Höhe von 23 Millionen Euro durchführen lassen, das nutzlos war und nur den Zweck hatte, den wahren Grund für die erhöhten Schadstoffwerte im Normalbetrieb der Fahrzeuge weiterhin zu verschleiern, heißt es weiter in der Anklage.
VW habe bei dem Dieselmotor des Typs EA 189 und auch beim Nachfolgemotor des Typs EA 288 eine Software-Funktion verwendet, die dafür sorgt, dass die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß im Prüfmodus eingehalten, im normalen Straßenverkehr aber zum Teil deutlich überschritten werden. Aufgrund dieser manipulierten Ergebnisse seien die Behörden getäuscht und Genehmigungen erteilt worden, die bei Kenntnis der wahren Emissionswerte nicht erteilt worden wären. Dadurch seien schließlich mehr als 9 Millionen nicht zulassungsfähige Fahrzeuge der Marken VW, Audi, Seat und Skoda in den USA, Europa und Deutschland in den Verkehr gebracht und verbotswidrig zugelassen worden.
Die Käufer seien so über die Zulassungsfähigkeit der Fahrzeuge getäuscht worden. Bei Vertragsschluss und Kaufpreiszahlung seien die Fahrzeuge wesentlich weniger wert gewesen als der geschuldete Preis. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, wird der Schaden auf rund 78 Milliarden Euro geschätzt. Volkswagen steht jedoch weiter auf dem Standpunkt, dass den Kunden kein Schaden entstanden sei, da alle Fahrzeuge im Verkehr genutzt werden können.
„Schadensersatzzahlungen wie in den USA sind in Deutschland weiter nicht zu erwarten. Hier müssen die Autokäufer ihre Rechte einklagen, um entschädigt zu werden. Bisher hat Volkswagen in solchen Schadensersatzverfahren den Standpunkt vertreten, dass den Käufern kein Schaden entstanden sei und der Vorstand von den Abgasmanipulationen keine Kenntnis gehabt habe. Angesichts der Vorwürfe in der Anklageschrift gegen Winterkorn und andere Führungskräfte lässt sich diese Argumentation kaum aufrechterhalten. Zahlreiche Gerichte haben ohnehin schon entschieden, dass sich VW aufgrund der Abgasmanipulationen schadensersatzpflichtig gemacht hat. Die Chancen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen, dürften nach der Anklage weiter gestiegen sein“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal. Schadensersatzansprüche gegen VW können voraussichtlich noch bis Ende 2019 geltend gemacht werden.