Schadensersatz ohne Nutzungsentschädigung im Abgasskandal – LG Kassel 8 O 2320/18

Ein absolut bemerkenswertes Urteil hat jetzt das Landgericht Kassel im Abgasskandal gesprochen. Mit Urteil vom 4. September 2019 hat das LG Kassel entschieden, dass Volkswagen einen VW Touran zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten muss. Volkswagen darf keine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen. Außerdem hat die Klägerin Anspruch auf eine Verzinsung des Kaufpreises in Höhe von 4 Prozent ab Kaufpreiszahlung und nicht erst seit Klageerhebung (Az. 8 O 2320/18).

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„Mehr geht nicht. Die Klägerin erhält nicht nur den vollen Kaufpreis zurück, sondern noch Zinsen obendrauf. Für VW ist das eine ganz empfindliche Niederlage im Abgasskandal, die zeigt, dass sich die Rechtsprechung immer verbraucherfreundlicher entwickelt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Die Klägerin hatte den VW Touran im August 2015 als Gebrauchtwagen gekauft. Da das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist, machte sie Schadensersatzansprüche gegen VW geltend und errang vor dem LG Kassel einen Sieg auf ganzer Linie. Wie zahlreiche andere Gerichte entschied auch das LG Kassel, dass die Klägerin von VW durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sei. Bei Kenntnis der Abgasmanipulationen hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft, so das Gericht. Dass inzwischen das Software-Update aufgespielt wurde, stehe dem Schadensersatzanspruch nicht im Wege. Der Kaufvertrag sei daher rückabzuwickeln. VW müssen den Touran zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer habe Volkswagen nicht.

„Das Urteil des LG Kassel ist eine volle Breitseite gegen VW und zeigt, was bei Einzelklagen im Abgasskandal herausgeholt werden kann“, so Dr. Hartung. Dass im Musterverfahren gegen VW ein ähnlich verbraucherfreundliches Urteil steht, ist kaum zu erwarten. „Bei der Musterklage geht es um die Ansprüche von mehr als 400.000 Verbrauchern, die sich dem Verfahren angeschlossen haben. Da kann auf den Einzelfall natürlich nicht so differenziert eingegangen werden wie bei einer Individualklage“, sagt Rechtsanwalt Dr. Hartung.

Da außerdem voraussichtlich Jahre vergehen, bis im Musterfeststellungsverfahren ein rechtskräftiges Urteil getroffen wird, können Verbraucher auch die Möglichkeit nutzen und sich von der Musterklage wieder abmelden, um die Schadensersatzansprüche in einer Einzelklage zielgerecht und deutlich schneller durchzusetzen. Voraussetzung ist aber die Abmeldung von der Musterklage spätestens bis zum 30. September 2019.

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