Hoerens Ansage an die Abzocker: „Unsere Waffenkammer ist gut gefüllt!“

Was hat Prof Dr. Thomas Hoeren, Lehrstuhlinhaber und Leiter des Institutes für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht – zivilrechtliche Abteilung – an der Universität Münster mit Bloggern gemeinsam, die private Verbraucherschutzforen führen? Einiges – aber es gibt auch grundlegende Unterschiede. Der Mann ist Profi, die anderen schützen Verbraucher im Laienstatus.

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Das Thema ist verbraucherschutz.tv Grund genug, um mit Deutschlands Abzockerfeind Nummer 1 über den von ihm initiierten „Runden Tisch gegen Internetabzocke“ zu reden und darüber, warum Blogger in dieser Gruppe nicht erwünscht sind, obwohl gerade die Foren-Admins Tausende von Kontakten täglich zu betroffenen Opfern pflegen und nicht unerheblichen Anteil tragen daran, dass sich Abzocker nicht zu dumm und dusselig verdienen.

Beginnen wir mit den Gemeinsamkeiten: Nach unzähligen Anfragen von „Was kann ich tun?“ bis „Was soll ich bloß tun?“ zu immer wieder den gleichen Fragen von Abofallenopfern keimte an der Uni Münster der Wunsch auf, etwas Konkretes zu schaffen – also ein von allen Verantwortlichen tragfähig zusammen gestelltes Regel- und Handlungswerk als Leitfaden für alle Betroffenen im Kampf gegen die Internetabzocke. Das wünschen sich natürlich auch die Blogger, aber hier enden schon die Gemeinsamkeiten, denn die Werkzeugkoffer sind zu unterschiedlich gefüllt.

„Blogger spielen am Runden Tisch keine Rolle“ sagt Prof. Dr. Hoeren und begründet das nachvollziehbar und ohne das Engagement der Blogger gering zu schätzen. „Am Runden Tisch gegen Internetabzocke“ sollen nur Personen und Institutionen sitzen, die Dinge auch beeinflussen können, also Staatsanwälte, Richter, Anwälte, Verbraucherschutzzentren, Politiker, Polizei. Hoeren: „Blogger sind keine Entscheidungsträger!“ Es sei auch zu gefährlich, wenn Informationen zu früh nach draußen gelangen.

„Wie ist der Stand der Dinge am Runden Tisch?“ wollten wir gestern Nachmittag wissen.

Hoeren: „Bislang ist das ein Flickenteppich!“ Aber es bewegt sich auch etwas, meint der Experte auch mit Blick auf die Vorgänge in Frankfurt, wo Gerichte von höherer Instanz angewiesen wurden Verfahren gegen Abofallenbetreiber aufzunehmen, statt die Klageröffnung abzuweisen.

Viel mehr ist dem Professor zum Runden Tisch und dessen Plänen und Möglichkeiten aber auch nicht zu entlocken: „Wir wollen nicht zu viel über unsere Waffenkammer sprechen, nur so viel: Sie ist gut gefüllt!“

Ob den Abzockern den Angstschweiß auf die Stirn treibt, scheint Hoeren dabei aber recht egal. „Nach meinen Recherchen gibt es da auch noch Leute dahinter!“ Heißt: Leute wie Michael Burat sind für ihn nicht die Entscheidungsträger und wirklich maßgeblich Aktiven. „Das ist wie ein Franchise-System!“ Heißt: Abzocke wird zentral gesteuert; wer mag und abgebrüht genug ist, kann mitmachen.

Hoeren möchte Fakten schaffen und rechtliche Grundlagen, damit Abzocker nicht mehr ganz so problemlos ihr Geld verdienen können. In diesem Zusammenhang will der Jurist auch nicht noch mehr Gesetze, „nur, dass die Gesetze, die wir haben, auch eingehalten werden!“ Die neue EU-Verbraucherrichtlinie bringe mit der Button-Lösung einen Denkansatz, der allerdings auch seine Kehrseiten hat. Denn Buttongrößen gesetzlich zu regeln, sei schon merkwürdig und würde nur zu weiteren Missbrauchsformen führen.

Themenwechsel – vom Runden Tisch zum Status Quo. Dass Blogger im Internet Tipps geben, ist für ihn selbst bei Heranziehung des Rechtsberatungsgesetzes unproblematisch. Und wie den Bloggern ist auch Hoerens erste Tipp an alle Opfer „Nicht zahlen!“ Weiter empfiehlt er, sich einen Mustertext zu nehmen und einmalig an die Abofalle zu versenden und danach den Mahnbescheid abzuwarten. Er muss es wissen, denn im Gegensatz zum Durchschnittsadmin ist Hoeren der führende Jurist Deutschlands zu Internetabzocke.

Bezüglich der von der Abzockerseite immer wieder angeführten Beispielsurteile ist Hoeren skeptisch: „Die dort häufig anzutreffenden und zitierten Klagen auf negativen Feststellung sind auffällig schlampig vorbereitet“ – Hoeren warnt davor, die wenigen (Fehl-) Urteile pro Abzocker ernstzunehmen, auch wenn die Abzocker diese Texte mit größter Aggressivität vermarkten.

„Wie lange geht das noch so weiter?“ Dr. Hoeren: Es zeigen sich jetzt schon viele Sonnenfenster, etwa die Verurteilungen wegen Markenrechtsverletzungen oder der Beschluss des OLG Frankfurt in Sachen Betrugsverfahren. Letztendlich lässt sich aber nicht ausschließen, dass diese Szene immer wieder neue Betätigungsfelder findet. Wenn man die Akteure über Jahre verfolgt, merkt man, wie sie von der Faxwerbung über SMS-Betrug bis hin zur Interabzocke ihre Geschäftsmodelle variieren: „Hier gilt es Augen und Ohren offenzuhalten“.

Was passiert mit dem Geld, dass die Abofallenbtreiber schon kassiert haben – sieht Hoeren eine realistische Chance, dass späte Gerechtigkeit auch bedeutet, dass die Abzocker von heute noch zur Verantwortung gezogen werden? „Ja, denn die Gewinnabschöpfung zählt zu den wichtigen Waffen in der erwähnten Waffenkammer!“

Udo Schmallenberg Schmallenberg Schmallenberg führte im Auftrag von verbraucherschutz.tv dieses Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Hoeren

3 comments
  1. Okay soweit. Dem kann ich mich vollinhaltlich anschließen.

    Allerdings bleibt das Geschmäckle, warum es so lange dauern musste?

    Halten wir uns vor Augen, dass die Vorläufer der Abofallen aus dem Jahr 2002 stammen, das Big Business sogar mit Hilfe von Investoren seit 2005 losging und seriösen Schätzungen zufolge seither sicherlich 5 Millionen Nutzer auch gezahlt haben. Weniger als die Gesamtsumme, denn es geht im Einzelfall ja nur um 100 EURO, ist diese Zahl erschreckend, ebenso wie die Tatsache, dass die Hinterleute ja auch so etwas wie einen juristischen Hintergrund haben.

    Ich stimme Prof. Hoeren aber vollinhaltlich darin überein, dass die Waffenkammer eben nicht der Öffentlichkeit und damit auch unseren lieben abzockenden Freunden gezeigt werden sollte.

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