Wörterbuch Inkasso/Deutsch

Es ist der Hammer, mit welchen Formulierungen manche (nicht alle) Inkassobüros versuchen, säumige Zahler zu beeindrucken. Hier mal ein Beispiel: „Zahlen Sie bitte den Gesamtbetrag innerhalb der gesetzten Frist. Nur so können Sie die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens vermeiden und sich damit erhebliche Unannnehmlichkeiten sowie weitere Kosten (.z.B. Mahnbescheid, Zwangsvollstreckung, Offenbarungsversicherung, Lohnpfändung, Schufa-Eintrag etc.) ersparen.“ Sie wollen das übersetzt haben? Kein Problem – dafür sind wir da!

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Laut Wikipedia ist das gerichtliche Mahnverfahren ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen Mahnungen durch Unternehmen, Rechtsanwälte oder Inkassobüros. Der Anspruch darf auch nicht von einer Gegenleistung abhängig sein, die noch nicht erbracht wurde (§ 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Was heißt denn das? Ganz einfach: Die Leistung muss erbracht worden sein, ebenso der Dienst, für den Kosten eingetrieben werden. In Fällen, in denen insbesondere die Definition der Leistungserbringung strittig ist, kann ein gerichtliches Mahnverfahren schlecht als vereinfachte Durchsetzung von Geldforderungen angesehen werden.

Also: Erst einmal das fett gedruckte Wort „Gerichtliches Mahnverfahren“ : Damit meint der phantasievolle Autor offenbar einen Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid. Ein Mahnbescheid muss formale Voraussetzungen erfüllen. Das Gericht kümmert sich dabei aber nicht um den Inhalt des Anspruchs. Wer wieviel Geld warum von wem bekommt interessiert an dieser Stelle niemanden. Ein Mahnbescheid drückt nur aus: „Das ist jemand, der bekommt noch Geld von jemand anderem. Damit diese beiden Parteien sich irgendwie einigen, begleiten wir von nun an das weitere Verfahren“. Ob die eine Seite ein Abzocker oder die andere ein Betrüger ist – das interessiert das Gericht an dieser Stelle nicht! Noch besser: Das geht alles online unter https://www.online-mahnantrag.de.

Der Empfänger eines Mahnbescheides kann die Entgegennahme nicht ablehnen. Er kann aber dem Mahnbescheid widersprechen. Das gericht informiert dann den Anspruchsteller darüber, das die Gegenseite nicht zahlen möchte.

Wenn der Mahnbescheid unbeantwortet bleibt, kann der Antragsteller mit Hilfe eines Vollstreckungsbescheides – ebenfalls über das zuständige Gericht – , weitere Schritte einleiten.

Damit ist das gerichtliche Mahnverfahren erstmal zu Ende.

Wer an dieser Stelle mit Mahnbescheid, Zwangsvollstreckung, Offenbarungsversicherung, Lohnpfändung, Schufa-Eintrag etc. droht, der verschweigt, dass dazu erst einmal eine Klageerhebung gegen den unwilligen Zahler erfolgen muss. Ein Gericht muss dieser Klage stattgeben und die Gegenseite auffordern, der Zahlung Folge zu leisten.

Ist das Gericht aber der Meinung, dass kein Anspruch auf Zahlung der Rechnung besteht, dann zahlt der Kläger im schlimmsten Fall alle entstandenen Gerichtskosten und darf nicht weiter eintreiben.

Da niemand weiß, wie so ein Verfahren ausgeht, meiden Abzocker solch eine Entscheidung, weil sie mit Kosten verbunden ist und im Extremfall als Beispielurteil für alle anderen Opfer herhalten kann.

Die Dramatik in manchen Mahn- und Inkassoschreiben aus dem Abzockermillieu dient also ausschließlich der Einschüchterung, damit die Opfer zahlen, bevor es für die Abzocker ungemütlich werden kann.

Jetzt übersetzen wir mal: „Nur so können Sie vermeiden…!“

Das heißt: Zahlen Sie lieber jetzt ganz schnell, bevor ein Richter feststellt, dass Sie eigentlich gar nichts bezahlen müssen!“ Eigentlich kann man noch mehr machen:

a. bei berechtigten Zweifeln erstmal den Mahnbescheid abwarten
b. sich einen guten Anwalt suchen

Nur so heißt also: „Es gibt auch ander Möglichkeiten!“

Jetzt übersetzen wir mal die Folgen „Zwangsvollstreckung, Offenbarungsversicherung, Lohnpfändung, Schufa-Eintrag“

Sicher: Das sind alles ganz böse Sachen, aber die drohen erst dann, wenn das Verfahren am Ende ist und Sie sich nicht mehr gegen den Anspruch der Gegenseite wehren können. Erst wenn in höchster Instanz geklärt ist, dass Sie zahlen müssen, dann müssen Sie zahlen. Wenn Sie dass dann immer noch nicht möchten oder können, erst dann folgen „Mahnbescheid, Zwangsvollstreckung, Offenbarungsversicherung, Lohnpfändung, Schufa-Eintrag“ – nicht einen Tag vorher. Hier wird also mit Dingen gedroht, die gar nicht oder noch nicht in der Hand des Drohenden sind. Das funktioniert bei kleinen Kindern: Bei Ihnen auch?

Wikipedia:
Das Mahnverfahren ermöglicht die Vollstreckung einer Geldforderung ohne Klageerhebung, also auch ohne Urteil. Das Verfahren wird von einem Rechtspfleger oder sogar voll automatisiert durchgeführt, ohne dass geprüft wird, ob dem Antragsteller der Zahlungsanspruch tatsächlich zusteht. Das Mahnverfahren ist damit eine schnelle und kostensparende Alternative zum gewöhnlichen Zivilprozess, die sich besonders für Ansprüche eignet, über die kein Streit besteht. Ziel des Verfahrens ist zunächst, einen Schuldner zur Zahlung zu bewegen. Am Ende des Mahnverfahrens steht jedoch der Vollstreckungsbescheid. Das ist ein Vollstreckungstitel, mit dem der Gläubiger seine Geldforderung vollstrecken kann (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

Dies wiederum übersetzt heißt: Hier wird ein Verfahren gewählt, das der Gesetzgeber ganz bewusst für Fälle empfiehlt, in denen die Leistungserbringung unstrittig ist.

Zum guten Schluss wollen wir das Wort „Folge“ noch einmal übersetzen: Folge für den Antragsteller ist, dass er 23 Euro pro Mahnbescheid zahlen muss, unabhängig vom Ausgang der Geschichte. Wenn sich hier also einer vor Folgen fürchtet, dann der Abzocker…

1 comments
  1. Bei berechtigten Zweifeln sollte man besser nicht erst den Mahnbescheid abwarten, sondern diese schriftlich dem Inkassounternehmen mitteilen. Häufig lässt sich dadurch bereits ein Mahnverfahren verhindern, man signalisiert, dass man sich nicht kampflos ergeben wird.
    Viele Inkassobüros reagieren auf Anschreiben erst nach Wochen, daher ratsam immer wieder „nachzuhaken“ !
    Lena Albers

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