Wissen und Vorsatz für Strafverfolgung im Cum-Ex-Skandal entscheidend

Steuerprofessor Christoph Spengel hat wesentlich zur Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals beigetragen. So stützte sich auch das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 19.07.2019 in weiten Teilen auf sein Gutachten (Az. 2 K 2672/17). Zusammengefasst entschied das Gericht, dass es für die vermeintlichen Aktienkäufer keine Anrechnung der Kapitalertragsteuer geben kann und dementsprechend hohe Summen an Steuerermäßigungen zurückgezahlt werden müssen.

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Gegenüber dem Handelsblatt äußerte Spengel Anfang Januar nun deutliche Kritik an Anwaltskanzleien, die sich von den Cum-Ex-Akteuren vor den Karren spannen ließen und damit der Beraterbranche insgesamt einen Bärendienst erwiesen haben. „Wichtig und bemerkenswert sind aber auch seine Aussagen für die zukünftige Verteidigung der beteiligten Akteure“, sagt Rechtsanwalt Dr. Sebastian Korts, Fachanwalt für Steuerrecht. So weist Prof. Spengel darauf hin, dass das erste finanzgerichtliche Urteil zu Cum-Ex-Geschäften erst im Jahr 2012 gefällt wurde, so dass bis dahin von einer unklaren Rechtslage ausgegangen werden konnte. Auch wenn dies niemals ein Absegnen dieser Geschäfte gerechtfertigt habe.

Zur Begründung weist er auf die „Kenntnisse der Zusammenhänge“ hin. Damit werde richtigerweise auf die subjektive Komponente bezüglich der objektiven Handlungsmerkmale abgestellt, so Rechtsanwalt Dr. Korts. Bei der strafrechtlichen Verteidigung sei dies ein besonders zu betonender Umstand: „Ob alle Akteure Steuerexperten und dazu auch noch solche waren, die man als sachverständige Steuerexperten qualifizieren könnte, ist fraglich. Offensichtlich soll aber nur solchen oder auch gerade diesen ein Vorwurf gemacht werden“, sagt Rechtsanwalt Dr. Korts.

Natürlich hat der Cum-Ex-Skandal zu einem Vertrauensverlust geführt. Allerdings nicht nur bei Gutachten von Anwaltskanzleien, sondern auch in die Arbeit des Finanzministeriums. Inwieweit Anleger auf die Steuergutachten vertraut und dementsprechend gehandelt haben, muss untersucht werden. „Einem Anleger, der auf die Funktion des tatsächlichen Ablaufs vertraute, kann wohl kaum ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden“, argumentiert Dr. Korts. Das ändere natürlich nichts daran, dass er die zu Unrecht erhaltenen Steuerermäßigungen erstatten muss. Denn in der steuerlichen Beurteilung geht es nicht um Vorsatz bzw. Unkenntnis des Beteiligten.

Mit den Gutachten ist es daher nicht möglich, sich steuerlich zu „exkulpieren“. Ob ein Gutachten von Steueranwälten für die Negierung des strafrechtlichen Vorsatzes genügen wird, ist hingegen spannend; ob es im Kontext der tatsächlichen Behandlung von Steuerauszahlungen durch den Staat ausreichend ist, wird in jedem Einzelfall zu untersuchen sein.

Die Auswirkungen des Cum-Ex-Komplexes werden die Strafverteidiger lange beschäftigen. Nur wird es nicht so einfach sein, von Seiten der Strafverfolger zu behaupten, dass die Praktiken gegen den Gesetzeswortlaut verstoßen haben, hinsichtlich solcher Praktiken im Grundsatz überhaupt keine Expertisen angefertigt werden müssen und es sich daher um reine Gefälligkeitsgutachten zur Vermeidung eines Vorsatzes oder Hervorrufen eines Irrtums handelte. Rechtsanwalt Dr. Korts: „Wenn der Wortlaut des Gesetzes tatsächlich so eindeutig war, so stellt sich die Frage, warum der Gesetzgeber diesen ändern musste und dieses nicht eindeutig und klar vorgenommen hat. Bei klarem Gesetzeswortlaut gibt es übrigens selten Gutachten, die dem entgegenstehen.“

Richtig ist, dass es in den letzten Jahrzehnten wohl kaum einen spannenderen Fall im Wirtschaftsstrafrecht, insbesondere mit steuerrechtlichem Hintergrund, gegeben hat. Prof. Spengel ist zuzustimmen, wenn er sagt, dass „es sich um gesellschaftliches und politisches Kollektivversagen handelt, viel Porzellan zerstört worden ist“. Ob sich das Vertrauen des Bürgers in die Politik der Steuerverwaltung aber dadurch bessert, dass Steuerrechtler nun dem Strafrichter in die Feder diktieren wollen, dass der Wortlaut der Gesetze klar war und jeder Akteur nun auch ein Straftäter war, ist jedoch zu bezweifeln.
Nicht zu bezweifeln ist, dass jeder Fall gesondert im Detail zu untersuchen ist. Diese Einzelfalluntersuchung ist die Arbeit des Steuerstrafverteidigers.

Mehr Informationen zum Thema Cum-Ex unter https://www.steuerrecht.com/page_category/cumex/

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