Ob die Kirche als Arbeitgeber andere oder erweiterte Rechte hat, als weltliche Arbeitgeber, wird zunehmend gelassener diskutiert, denn der Arbeitsmarkt lässt Regulierungen, die noch vor 30 Jahren galten, heute nicht mehr ohne weiteres als Sonderregelung für die Kirche zu. Allerdings: Nach kirchlichem Arbeitsrecht darf ein kirchlicher Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der nach Scheidung eine zweite Ehe eingeht, immer noch kündigen. Aber: Der Status des Arbeitnehmers muss eine wesentliche Auswirkung auf das Tätigkeitsfeld haben, wenn eine solche Kündigung allgemeinem Arbeitsrecht standhalten soll.
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So kann z.B. einem Hausmeister eines Altenheims nicht wegen dieses „Verstoßes gegen das Loyalitätsgebot“ gekündigt werden, dem Eheberater einer kirchlichen Beratungsstelle aber unter Umständen schon. Rechtsanwältin Kerstin Dreyer aus Hamburg: „Aber auch das käme auf die Prüfung im Einzelfall an!“
Das Bundesarbeitsgericht – in seiner höchstrichterlichen Instanz auch für Streitigkeiten im Kirchenrecht zuständig – hat diesen Sachverhalt schon früh in einem Urteil aus dem Jahr 2019 recht eindeutig entschieden. Im verhandelten Fall ging es um die Klage eines in zweiter Ehe verheirateten Chefarzt einer katholischen Klinik. Zwar bejahte das Gericht die grundsätzliche Zuständigkeit und Selbständigkeit kirchlichen Arbeitsrechtes, verneinte aber die letzte Konsequenz daraus. Das Verbot der Wiederheirat würde einen katholischen Mitarbeiter benachteiligen.
Die Einhaltung von Loyalitätspflichten sei nur als Kündigungsgrund heranzuziehen, wenn eine Wiederheirat direkte Konsequenzen auf das Arbeitsumfeld oder die Arbeitsqualität habe. Dies sei für die Arbeit eines Chefarztes in einem Caritas-Krankenhaus nicht gegeben. Diese Meinung hatte auch der zwischenzeitlich mitbeteiligte Europäische Gerichtshof geteilt und die Kündigung ebenfalls für unwirksam erklärt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 20. Februar 2019, Az: 2 AZR 746/14