Ich werde im Forum immer wieder gefragt, wie erfolgreiche Projekte im Internet funktionieren und ob das immer mit rechten Dingen zugeht – Z.B. Zalando. Gerade vor dem bevorstehenden Börsengang von Zalando besteht wieder großes Interesse an den ganz einfachen Fragen: Wem gehört Zalando, wer finanziert Zalando, wer steckt dahinter? Wie kann es sein, dass Schuhe, Kleidung und Sportartikel zu relativ günstigsten Preisen im Internet angeboten werden und die Gratis-Rücksendung quasi Teil des Prinzips ist? Eigentlich ganz einfach: Große Projekte wie Zalando sind nicht darauf ausgelegt, kurzfristig erfolgreich zu sein, sondern sich langfristig eine eindeutige Marktstellung zu verschaffen. Das erkennt man schon daran, dass mit Holtzbrinck Ventures Adviser GmbH auch ein Dienstleister involviert ist, dessen Geschäftsziel u.a. das Organisieren von „Risiko-Kapital“ ist. Bestes Beispiel, dass solche Dinge funktionieren: Amazon hat jahrelang „rote Zahlen“ geschrieben, bis es sich zu einem Mega-Erfolg entwickelte. Aber wie kann man sowas kalkulieren?
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Rocket Internet Geschäftsführer Florian Heinemann definiert das so: „At a company like Zalando we don’t have a marketing budget. We just say: We are willing to acquire a customer for price x.“ Das ist das ABC des modernen Onlinemarketings in einer Aussage zusammengefasst: „Ich sage dir, was die Akquise eines Kunden kostet und du sagst mir, wie viele Kunden du haben willst!“ 1 Million Kunden = 1 Million Euro wenn X= 1 Euro ist. Nach Vertragsschluss ist es für den Zalando-Besitzer recht einfach, den ROI zu ermitteln. Wann dieser eintritt ist egal, sicher muss nur sein, dass er dann mit Macht kommt und die Financiers zufrieden stellt.
Die Macher von Zalando sparen an einem Detail sicher nicht: Es wird so lange Werbung in WEB und TV geschaltet, bis das angestrebte Kundeninteresse da ist. Ist dieses Kundeninteresse geweckt, dann ist es zumindest eine Zeit lang recht egal, ob die Verkäufe Gewinn bringen oder man draufzahlt. Die Geldgeber wissen, dass es im ersten Jahr wohl keine Rendite gibt. In dieser Phase geht es um Marktanteile und damit um den zukünftigen Wert des neuen Portals.
Den Wert bestimmt die Anzahl an Kunden, die allgemeine Popularität, der Branding-Erfolg und der Umsatz. Ob damit Geld verdient wird interessiert in dieser Phase nicht. Zalando ist nach kurzer Zeit viele Millionen Euro wert, wahrscheinlich nicht viel weniger, als darin investiert wurde. Daher ist es zu diesem Zeitpunkt immer noch ziemlich egal, ob das Paar Pumps Gewinn abwirft oder nicht.
Natürlich muss dieser ROI – also der Return of Investment – irgendwann kommen, denn sonst „hinkt“ die Finanzierung. Geldgeber wollen ihr Geld irgendwann zurück. In dieser Optimierungsphase gilt es, die Kosten für den Vertrieb zu senken. Dazu gibt es Möglichkeiten genug: Zum einen wird der Wareneinkauf durch neue Verträge optimiert. Die Hersteller müssen mitmachen, denn an einer „Nummer“ wie Zalando kommt ein erfolgreiches Brand nicht vorbei. Heißt: Wenn Puma Umsatz machen will am deutschen Markt, muss es Zalando nutzen. Weiter werden die Verträge mit den Logistikern optimiert. Wenn DHL den Auftrag Zalando behalten möchte, muss man aufeinander zugehen. Der Versand pro Paket wird günstiger. Weiter möglich: Günstige Mitarbeiter. Wer zu „Arbeitsbedingungen Zalando“ googelt, der findet dazu genug Hinweise.
Letztendlich: Der tolle Service von Zalando kommt nicht von ungefähr. Wer Produkte über diesen Vertriebsweg bestellt, der muss wissen, welche Stellschrauben gedreht werden müssen, um solch einen Service bieten zu können. Dass eCommerce letztendlich auch das Ende des Einzelhandels ist, das ist dann wieder ein ganz anderes Thema.
Zalando ist übrigens ein Projekt der Projektschmiede „Rocket Internet“, die auch für Groupon oder eDarling verantwortlich zeichnen. Zu den Zalando-Geldgebern gehören Tengelmann und Holtzbrinck Ventures Advisers GmbH. Holtzbrinck hat als Unternehmensziel die Finanzierung aufwändiger und Erfolg versprechender Projekte mit „Venture Capital“ definiert.
Ausdauernde finanzielle Unterstützung ist aber auch notwendig: Den Bau der neuen Halle in Erfurt, wo demnächst bis zu 4000 Mitarbeiter Zalando-Bestellungen bearbeiten sollen, finanziert sich nicht aus der Portokasse.
Neben einer soliden Finanzbasis, vertrauen in die Zahlen und Disziplin bei der Businessplan-Umsetzung setzt Zalando aber auch auf ein gutes Reputationsmanagement. Wer dafür verantwortlich ist bleibt aus der Entfernung undeutlich. Hat man aber beobachtet, wie sich z.B.eDarling nach anfänglich nicht sehr glattem „Ruf-Aufbau“ innerhakb von Wochen in ruhiges Fahrwasser begeben hat, so wird wieder die „Hand“ von Rocket Internet erahnbar. Ein schlechter Ruf ist für ein Startup wie Zalando mördersch, weil er die Verlässlichkeit der Zahlen manipuliert.
Suche nach „Zalando + Abzocke“ wirft zwar Ergebnisseiten aus, diese sind aber nicht mehr als vereinzeltes Kundengebrummel. Grundsätzliche Unzufriedenheit lässt das Zalando-QM nicht zu. Negativ-Beiträge sind meist Einzelmeinung. In der Anfangsphase von eDarling gab es vereinzelte Rottenbildung von Kritikern in Blogs. eDarling schaffte es aber, dem schädlichen Protest durch aktives Reputationsmanagement, Entschärfung kritisierter Akquisemethoden und kundenfreundlicher AGB-Gestaltung den Hahn abzudrehen. Heute findet sich außer notorischen Nörglern kaum noch eine nennenswerte eDarling-Gegnergemeinde im Netz.
Hartnäckigster Konkurrent von Zalando ist übrigens Mirapodo (Otto-Group).
http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/1691356/ZDFzoom:-Gnadenlos-billig