Die Frage des Nutzungsersatzes rückt im Dieselskandal verstärkt in den Mittelpunkt. Zuletzt hatte das OLG Karlsruhe in drei Fällen entschieden, dass die Händler den geschädigten Kunden ein Neufahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion liefern müssen. Eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer mit ihrem alten Pkw müssen die Kunden nicht zahlen. Ebenso haben verschiedene Landgerichte VW den Anspruch auf einen Nutzungsersatz im Abgasskandal abgesprochen.
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„Diese Rechtsprechung hat zur Folge, dass die Verbraucher ihr Fahrzeug praktisch kostenlos genutzt haben. Ein ähnliches Ergebnis lässt sich im Idealfall auch durch den Widerruf der Autofinanzierung erreichen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Auch hier haben verschiedene Gerichte bereits entschieden, dass bei Kreditverträgen, die nach dem 12. Juni 2014 geschlossen wurden, die Bank nach einem erfolgreichen Widerruf des Kreditvertrags keinen Anspruch auf einen Nutzungsersatz hat. Möglich ist der Widerruf, wenn die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung oder fehlerhafte Verbraucherinformationen verwendet hat.
Solch ein Fehler ist einem Urteil des Landgerichts Berlin zu Folge auch der Sparkassen-Tochter S-Kreditpartner unterlaufen (Az.: 21 O 273/18). Hier hatte der Verbraucher 2016 einen Kreditvertrag abgeschlossen, um damit den Kauf eines gebrauchten Mercedes E 220 CDI zu finanzieren. Etwa zwei Jahre später widerrief er den Darlehensvertrag. Der Widerruf sei wirksam erfolgt, entschied das LG Berlin mit Versäumnisurteil vom 28. März 2019. Die Sparkassen-Tochter habe eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet. Die Informationen zum Widerruf seien unzureichend, insbesondere werde nicht deutlich genug, dass im Falle eines Widerrufs eine Nutzungsentschädigung berechnet wird. Dazu kommt es nun nicht. Aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung sei die Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt worden und der Widerruf wirksam erfolgt. Der Verbraucher kann das Auto an die Bank geben und erhält seine geleisteten Raten zurück. Eine Nutzungsentschädigung für die gefahrene Kilometer müsse er nicht zahlen, so das LG Berlin.
„Fehler, die zum Widerruf des Kreditvertrags noch Jahre nach Abschluss berechtigen, sind zahlreichen Banken unterlaufen. Da bei Autofinanzierungen häufig ein sog. verbundenes Geschäft vorliegt, wird durch den erfolgreichen Widerruf sowohl der Kreditvertrag als auch der Kaufvertrag widerrufen. Das Auto geht dann an die Bank und der Verbraucher erhält seine geleisteten Raten zurück. Der Widerrufsjoker ist daher eine interessante Möglichkeit aus einer ungeliebten Autofinanzierung ohne Verlust wieder auszusteigen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
Der Widerruf ist angesichts von Wertverlust und Fahrverboten besonders für Dieselfahrer interessant. Grundsätzlich ist er aber auch bei Benzinern möglich. Voraussetzung ist nur, dass die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat.