Werbung für Grippe-Mittel – Wenn in Corona-Zeiten sowieso nichts wirkt und Grippe-Mittel als einzige ein wenig Entlastung versprechen, dann wird seitens der Werbung der Markt von allen Seiten angebohrt und da lohnt es sich auch, Zielgruppen zu splitten: Also werden nicht Eltern angesprochen, sondern Mütter. Was dabei rauskommt ist diese unsägliche Reklame der Firma Wick/Procter & Gamble, die einer liebvollen Mutter quasi verbietet, krank zu sein, krank zu werden und die stattdessen einen Wirkstoff-Cocktail einnehmen soll, damit das Kind noch schnell einen Schneemann bauen kann, obwohl außer den Inuit wohl kaum noch Kinder überhaupt wissen, dass sowas überhaupt geht – als gäbe es nichts wichtigeres für die Entwicklung der Kleinen. Freud würde im Grabe rotieren, dass man das „ich“ eines Kindes entwickeln will mit einem Minimum an Verzicht und Leid. Es wäre für Kind und Mutter am besten, die Erwachsene würde sich mal hinlegen und das Gör würde mal wirklich versuchen sich was zu zaubern mit seinem Zauberstab. Erinnert uns an das unsägliche „Frauengold“ mit 16 % Alkohol, das aus jeder depressiven Nachkriegsgattin einen munteren Betthasen machte.
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Die Werbung ist aber nicht nur schlimm, weil sie Rollenklischees verfestigen hilft, sie zeigt auch, dass Werbung über Leichen geht, wenn der Erfolg die Verkaufszahlen hebt. Führen wir die Kernaussage weiter: Eltern werden nicht krank, Eltern werden nicht depressiv, Eltern bekommen keinen Krebs, Eltern bringen sich auch nicht selber um und Eltern sterben auch nicht an Überlastung. Eltern bringen übrigens auch ihre Kinder nicht, schlagen sie nicht – Allsowas und was für ein Blödsinn: Natürlich tun Eltern sowas…
Ganz davon ab, dass das Bild des anspruchsvollen Kindes für bestimmt 50 % der Weltbevölkerung gar nicht aufrechterhalten werden kann, weil es nicht überall Kinderzimmer, Feenkostüme und freien Zugang zu Medikamenten gibt, ist die Aussage, das man nicht krank sein darf schon mal nicht dem Grundgesetz entsprechend, das den Grundsatz der körperlichen Unversehrtheit definiert. Wenn Mama krank ist, dann muss der Papa halt mal Verantwortung unternehmen, oder der Arbeitgeber, eine Versicherung oder – wenn nix mehr geht – halt der Staat.
Aus ethischer Sicht frage ich mich als Vater erwachsender Kinder auch manchmal, wann das aufhört. Ab wann kann ich es mir leisten schwächer zu sein als mein Kind – ist das kurz vor der Demenz, oder ist das ein fließender Übergang in die Altersnaivität? Was ist das für ein Bild, das wir Kindern vermitteln, dass sie IMMER vorgehen, IMMER Recht haben, IMMER Ansprüche stellen können, egal wie alt sie sind?
Ob man solche Werbung verbieten sollte? Eigentlich nicht, man sollte eher verbieten, solche Werbung zu schauen. Das ist wie mit dem Rauchen, das hat auch erst funktioniert, als wir das Rauchen verboten haben. Ob man überhaupt etwas unternehmen sollte? Eigentlich schon. Man könnte das Produkt Wick Duo Grippal boykottieren und alle weiteren Produkte von WICK und man könnte eine entsprechende Petition unterstützen (Leider schon abgelaufen)
Man könnte sich überlegen, ob man vor dem Einkauf schaut, ob Dinge im Einkaufswagen von Procter & Gamble stammen und man könnte seinen heimischen Bundestagsabgeordneten fragen, ob das überhaupt zulässig ist so zu werben, ob gegen Richtlinien verstoßen wird und ob er/sie sich nicht mal drum kümmern könnte. Man könnte zumindest wegschalten oder sich mal informieren, was denn so alles dahintersteckt. Am wichtigsten ist aber zu lernen, sowas nicht witzig zu finden, statt so Stereotypen durch die Jahrzehnte zu tragen.
So wurde erst 1981 das Produkt „Frauengold“ wegen krebsverdächtiger Substanzen verboten. Die 16 % Alkohol waren da wohl niemals das Problem.
Procter & Gamble setzt aktuell ein 2 Milliarden Dollar teures Konzept um, das das eigene Marketing billiger machen soll. Billigeres Marketing bedeutet auch eine Fokussierung auf einfache und wirkmächtige Aussagen. Vor diesem Hintergrund wird klar, warum nicht mit teuren Untersuchungen die Wirksamkeit des Mittels hinterfragt oder Kundenzufriedenheit mit verlässllichen Zahlen valisiert wird. Es reicht, ein kleines Mädchen in ein Sternenkostüm zu stecken, eine hübsche junge Mutter liebevoll dreinschauen zu lassen und eine Spielplatzszene als billige Stock-Datei zu kaufen für 100 Euro.
Also Respekt Procter & Gamble – das habt ihr drauf…Aber geht sparen auch nicht auf unsere Kosten?
Wirkstoffe in Duo Grippal von Wick
Wie der Titel das schon sagt, gibt es in Duo Grippal nur zwei Wirkstoffe
- Das Schmerzmittel Ipoprophen
- das natürliche Aufputschmittel Pseudoephedrin
Aus der Rezeptur erschließt sich jetzt nicht zwingend, wieso Duo Grippal einer kranken Mutter so weit auf die Beine helfen könnte, dass sie in die Kraft kommt, mit ihrer kleinen Tochter Schneemänner zu bauen obwohl sie typische Erkältungssymptome zeigt. Die Werbung ist also ein klassisches Beispiel dafür, wie mit der Schilderung eines Idealzustandes eine Erwartungshaltung geweckt wird, der kaum bis gar nicht entsprochen werden kann. Die Menge an enthaltenem Ibuprophen, entspricht der Häfte einer Ibu400. Eine Tablette „Duo Grippal“ enspricht 200 mg Ibuprophen und kostet durchschnittlich 53 Cent pro Tablette, eine 400er Ibu beinhaltet die doppelte Menge und kostet die Hälfte.