VW hat im Abgasskandal eine weitere Niederlage vor Gericht bei einem Fahrzeug mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 erlitten. Dabei handelt es sich um einen VW âBulliâ T6. Gegen RĂŒckgabe des T6 muss VW den Kaufpreis abzĂŒglich einer NutzungsentschĂ€digung fĂŒr die gefahrenen Kilometer erstatten. Das hat das Landgericht Hagen mit Urteil vom 11. August 2020 entschieden (Az.: 3 O 134/19).
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Der KlĂ€ger hat den VW T6 im Oktober 2015 erworben. In dem Fahrzeug wird der Motor EA 288 verwendet. Dabei handelt es sich um das Nachfolgeaggregat des durch den VW-Dieselskandal bekannt gewordenen Motors EA 189. Er verfĂŒgt ĂŒber zwei Technologien zur Reduzierung der Stickoxid-Emissionen. Es kommt sowohl ein mit AdBlue betriebener SCR-Katalysator zum Einsatz als auch die AbgasrĂŒckfĂŒhrung (AGR). Diese wird allerdings bei einer AuĂentemperatur von weniger als 15 Grad reduziert. Eine signifikante Reduktion findet dabei schon bei AuĂentemperaturen unter 10 Grad statt. Es handelt sich um ein sog. Thermofenster.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat fĂŒr das Fahrzeug 2019 einen verpflichtenden RĂŒckruf angeordnet. BegrĂŒndet wurde der RĂŒckruf mit einer KonformitĂ€tsabweichung, die zur Ăberschreitung des Euro 6-Grenzwerts bei den Stickoxid-Emissionen fĂŒhrt. Der KlĂ€ger machte nun SchadenersatzansprĂŒche wegen der Verwendung einer unzulĂ€ssigen Abschalteinrichtung geltend.
Die Klage hatte vor dem LG Hagen Erfolg. Das Gericht wertete das sog. Thermofenster bei der Abgasreinigung als unzulĂ€ssige Abschalteinrichtung. Durch das Thermofenster wird die AbgasrĂŒckfĂŒhrung bei bestimmten AuĂentemperaturen reduziert. Wie VW selbst eingerĂ€umt hat, wird die AbgasrĂŒckfĂŒhrung bei einer Umgebungstemperatur von ca. 10 Grad auf etwa 50 Prozent ihrer maximal möglichen Rate reduziert. Dies stelle eine Abschalteinrichtung dar. Wie hoch die Reduzierung bei noch niedrigeren Temperaturen ausfĂ€llt, könne offenbleiben, so das Gericht.
Abschalteinrichtungen seien nur dann ausnahmsweise zulĂ€ssig, wenn sie notwendig sind, um den Motor vor BeschĂ€digung oder Unfall zu schĂŒtzen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Das Thermofenster sorge dafĂŒr, dass die AbgasrĂŒckfĂŒhrung schon bei AuĂentemperaturen unter 15 Grad zurĂŒckgefahren wird. Angesichts einer Jahresdurchschnittstemperatur von beispielsweise 9,4 Grad in Hagen sei die Abschalteinrichtung nahezu im Dauerbetrieb. Dass eine solche Abschalteinrichtung vom EU-Gesetzgeber nicht als legal gelten soll, liege auf der Hand, fĂŒhrte das LG Hagen weiter aus.
VW habe das Fahrzeug mit einer unzulÀssigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht und den KlÀger damit getÀuscht. Der Schaden ist schon mit Abschluss des Kaufvertrags eingetreten. Wegen vorsÀtzlicher sittenwidriger SchÀdigung habe der KlÀger Anspruch auf Schadenersatz, entschied das Gericht.
âDie verbraucherfreundlichen Urteile bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 und beim T6 hĂ€ufen sich. Klagen bei Fahrzeugen mit diesem Motor sind also keineswegs so aussichtslos, wie VW es auf einer eigens eingerichteten Webseite versucht darzustellenâ, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius.
Die Erfolgsaussichten der Schadenersatzklagen dĂŒrften noch weiter gestiegen sein, nachdem die EuGH-GeneralanwĂ€ltin Eleanor Sharpston Ende April deutlich gemacht hat, dass sie Abschalteinrichtungen grundsĂ€tzlich fĂŒr unzulĂ€ssig hĂ€lt, wenn sie im realen StraĂenbetrieb zu einem erhöhten EmissionsausstoĂ fĂŒhren. Ausnahmen seien nur in sehr engem Rahmen und nur zum unmittelbaren Schutz des Motors zulĂ€ssig. Rechtsanwalt Gisevius: âFunktionen wie z.B. Thermofenster, die den Motor langfristig vor Versottung schĂŒtzen sollen, zĂ€hlen demnach gerade nicht zu den zulĂ€ssigen Ausnahmen.â
Rechtsanwalt Gisevius hat an den Landgerichten MĂŒnchen und Heilbronn bereits SchadenersatzansprĂŒche fĂŒr T6-Fahrer durchgesetzt hat. Mehr Informationen dazu unter www.oeltod-anwalt.de
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