VW Abgasskandal – Auch OLG Hamburg entscheidet verbraucherfreundlich – Az. 4 U 97/17

Verbraucher haben im Abgasskandal immer bessere Karten. Nicht nur Landgerichte, sondern auch Oberlandesgerichte sprechen den geschÀdigten AutokÀufern Schadensersatz zu. So wie zuletzt die Oberlandesgerichte Koblenz und Karlsruhe hat nun auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil vom 15. Juli 2019 zu Gunsten des geschÀdigten Verbrauchers entschieden (Az.: 4 U 97/17). Er hat Anspruch auf die Lieferung eines nagelneuen, mangelfreien VW Tiguan aus der aktuellen Serienproduktion. Das OLG Hamburg hat keine Revision zugelassen.

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Der KlĂ€ger hatte 2014 einen VW Tiguan als Neuwagen gekauft. Nachdem bekannt wurde, dass das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist, teilte er dem HĂ€ndler im MĂ€rz 2016 mit, dass er seinen Tiguan aufgrund der Abgasmanipulationen fĂŒr mangelhaft hĂ€lt und verlangte NacherfĂŒllung durch Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs. Dem kam der HĂ€ndler nicht nach.

Das Landgericht Hamburg hatte in erster Instanz noch entschieden, dass die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs nicht möglich sei, da VW inzwischen nur noch das Nachfolge-Modell, den Tiguan II, herstelle und dieses zu stark vom VorgÀnger abweiche.

Im Berufungsverfahren kippte das OLG Hamburg das erstinstanzliche Urteil. Der KlÀger habe Anspruch auf Nachlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs. Auch wenn nur noch das Nachfolgemodell produziert wird, sei die Nachlieferung dadurch nicht unmöglich.

Das OLG folgte damit der Argumentation des Bundesgerichtshofs. Der BGH hatte bereits Anfang Januar in einem Hinweisbeschluss klargestellt, dass unzulĂ€ssige Abschalteinrichtungen einen Mangel darstellen und geschĂ€digte KĂ€ufer einen Anspruch auf Ersatz haben. Auch nach kleinen Änderungen durch einen Modellwechsel sei die Nachlieferung eine Fahrzeug aus der aktuellen Produktion möglich, so der BGH. In diesem Fall ging es auch um einen VW Tiguan.

Der Mangel werde auch nicht durch das Aufspielen eines Software-Update beseitigt, fĂŒhrte das OLG Hamburg weiter aus. Der KlĂ€ger habe diese Maßnahme lediglich geduldet, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs zu riskieren. Durch die Abgasmanipulationen sei das VertrauensverhĂ€ltnis erschĂŒttert und könne auch nicht durch die Installation eines Software-Updates wiederhergestellt werden. Daher sei ein Verlangen nach Lieferung eines neuen Fahrzeugs anstatt einer Nachbesserung auch nicht unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸig, so das OLG. Der KlĂ€ger kann seine alten Tiguan nun gegen einen neuen „eintauschen“, ohne sich eine NutzungsentschĂ€digung anrechnen lassen zu mĂŒssen.

„Die Aussichten, SchadensersatzansprĂŒche im Abgasskandal durchzusetzen, stehen besser denn je. Bis Ende des Jahres können geschĂ€digte AutokĂ€ufer ihre AnsprĂŒche noch geltend machen“, erklĂ€rt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Da sich die verbraucherfreundlichen OLG-Urteile hĂ€ufen, stellt sich auch fĂŒr Verbraucher, die sich der Musterklage gegen VW angeschlossen haben, die Frage, ob das Musterverfahren fĂŒr sie noch der richtige Weg ist oder ob sie ihre AnsprĂŒche nicht lieber individuell geltend machen möchten. Dr. Hartung: „Die Einzelklage ist in vielen FĂ€llen erfolgversprechender und fĂŒhrt vor allem deutlich schneller zum Ziel.“ Bis Ende September besteht die Möglichkeit, sich von der Musterklage wieder abzumelden.

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