Es stehen weitere Verhandlungen vor dem Bundesgerichtshof an. Wieder geht es um EA189, diesmal aber auch um die Entscheidung in besonderen Sachfragen, z.B. zur personellen Verantwortlichkeit von schädigenden Handlungen, zum Thema Schadensersatzanspruch und zum Anspruch auf Entschädigung, wenn das Nutzungsentgelt den Schadenersatz „aufgefressen“ hat.
Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei weiteren sogenannten VW-Verfahren zwei Verhandlungstermine für den 21. Juli 2020 bestimmt. Es geht dabei um die Aktenzeichen VI ZR 354/19 und VI ZR 367/19.
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Beide Verfahren sind insbesondere in Bezug auf das BGH-Urteil aus dem Mai 2020 interessant, da in den Vorinstanzen zum einen die Betrugsabsicht nicht erkannt wurde und zum Zweiten auch die Schädigung kritisch gesehen wurde. Zu beiden Punkten hat sich der BGH bereits sehr verbraucherfreundlich positioniert und Rechtsexperten gehen nicht davon aus, dass hier eine Neuaufstellung zu erwarten ist.
Die Verfahren haben Schadensersatzansprüche von Fahrzeugkäufern gegen die VW AG zum Gegenstand. Die Ansprüche werden mit der Begründung geltend gemacht, die Fahrzeuge seien mit unzulässigen Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung versehen worden.
Verfahren VI ZR 354/19
Der Kläger erwarb im Mai 2014 von einem Dritten einen gebrauchten, von der Beklagten hergestellten VW Passat 2,0 I TDI zum Preis von 23.750 €. In dem Fahrzeug, das bei Erwerb durch den Kläger eine Laufleistung von rund 57.000 km aufwies, ist ein Motor der Baureihe EA189, Schadstoffnorm Euro 5 verbaut. Der Motor ist mit einer Steuerungssoftware versehen, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand im Testbetrieb befindet, und in diesem Fall in einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus schaltet. Das Kraftfahrt-Bundesamt erkannte in der genannten Software eine unzulässige Abschalteinrichtung und ordnete einen Rückruf an. Ein von der Beklagten daraufhin entwickeltes Software-Update ließ der Kläger nicht durchführen, weshalb ihm der weitere Betrieb des Fahrzeugs im Juni 2018 untersagt wurde. Das Fahrzeug hat inzwischen eine Laufleistung von rund 255.000 km. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen Ersatz des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.
Bisheriger Prozessverlauf
Das Landgericht Braunschweig hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht Braunschweig die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bestünden schon deshalb nicht, weil der Betrugstatbestand nicht erfüllt sei. Zudem führe der im Hinblick auf die vom Kläger gezogenen Nutzungen vorzunehmende Vorteilsausgleich dazu, dass der vom Kläger aufgewendete Kaufpreis vollständig aufgezehrt sei, wobei eine Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs von 250.000 km zugrunde zu legen sei. Auch Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. anderen Schutzgesetzen scheiterten sowohl dem Grunde nach als auch am nach Anrechnung des Vorteilsausgleichs nicht mehr vorhandenen Schaden. Schließlich stehe auch einem Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch ein Organ oder einen sonstigen Mitarbeiter der Beklagten zulasten des Klägers überhaupt schlüssig dargelegt seien, der Umstand entgegen, dass der Kläger keinen Schaden mehr habe. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt.
Vorinstanzen:
- Landgericht Braunschweig, Urteil vom 27.11.2017, Az. 11 O 603/17
- Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 20.08.2019, Az. 7 U 5/18
Verfahren VI ZR 367/19
Der Kläger erwarb im April 2013 von einem Autohaus einen gebrauchten, von der Beklagten hergestellten PKW VW Tiguan 2.0 TDl zu einem Preis von 21.500 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet, der ebenfalls mit der dargestellten Steuerungssoftware versehen ist. Das von der Beklagten entwickelte Software-Update, das vom Kraftfahrt-Bundesamt mit Schreiben vom 1. Juni 2016 freigegeben wurde, ließ der Kläger im Februar 2017 aufspielen. Mit der im Dezember 2017 erhobenen Klage verlangt der Kläger Ersatz des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs.
Bisheriger Prozessverlauf
Das Landgericht Braunschweig hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers zum Oberlandesgericht Braunschweig hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen dem Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte nicht zu. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB schieden aus, weil der Kläger nicht schlüssig dargelegt habe, welche konkrete Person aus dem in Betracht kommenden Täterkreis (Vorstand, leitende Angestellte) den Betrugstatbestand verwirklicht bzw. den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe. Abgesehen davon fehle es an einem Schaden des Klägers, da er die abgasbeeinflussende Software schon vor der erstmaligen Geltendmachung seines Anspruchs durch das Software-Update habe beseitigen lassen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Vorinstanzen:
- Landgericht Braunschweig, Urteil vom 06.07.2018, Az. 11 O 2675/17
- Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 13.08.2019, Az. 7 U 352/18
Was bedeutet die abgewiesene Klage für alle anderen VW Diesel 189 Besitzer?
Kommt noch eine Rechtssprechung für die, welche über ProRights haben Klagen lassen in Braunschweig?
In den geschilderten Fällen ist ja nichts entscheiden – entscheidend ist, wie der BGH die Sache sieht, auch wenn das OLG vorher abgewiesen hat. So viele VW-Fälle EA189 gibt es ja auch gar nicht mehr
Zu Myright kann ich Ihnen nichts sagen, da kenne ich mich wirklich nicht mit aus. Bitte dortselbst nachfragen.