Die Fälle rechtswidriger Anwaltswerbung häufen sich. Zahlreiche Plattformen bieten vor diesem Hintergrund gegen eine bestimmte monatliche Gebühr die Einrichtung eines Anwaltsprofils und die Möglichkeit der Veröffentlichung von Werbebeiträgen zur Mandatsaquise an.
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Viele Rechtsanwälte übersehen jedoch, dass die Zulässigkeit anwaltlicher Werbung natürlich dort endet, wo die Grenze zur Unwahrheit, Irreführung oder Herabsetzung überschritten wird.
Das Landgericht Hamburg hat sich aktuell mit einem Fall beschäftigt, in dem ein Rechtsanwalt auf seinem Blog über eine ihm vorliegende Abmahnung berichtet hatte, in dem nicht nur der volle Name des Verletzten, sondern auch der vertretenden Rechtsanwaltskanzlei – suchmaschinenoptimiert – herausgestellt waren. Den Namen des eigenen Mandanten teilte der Anwalt nicht mit.
Es hagelte Kritik am Inhalt der Abmahnung. Diese sei unberechtigt und stelle den Versuch dar, die Abgemahnten einzuschüchtern. Eine Begründung für die wurde leider nicht geliefert.
Da der Rechtsanwalt sich weigerte, dem Antragsteller gegenüber eine Unterlassungserklärung abzugeben, wurde von der Marken-, Rechte- und Personenschützerkanzlei LHR (Köln) ein Antrag auf einstweilige Verfügung notwendig, die das Landgericht Hamburg erließ (LG Hamburg, Beschluss v. 12.9.2016, Az. 327 O 363/16). Bei Zuwiderhandlung droht dem Anwalt ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Streitwert wurde mit 50.000,00 € festgesetzt.
Das Landgericht folgt dort der Argumentation des Antragstellers, wonach die Werbung des Antragsgegners herabsetzend und irreführend und damit unzulässig war.
Zwischen den Parteien bestehe trotz Branchenungleichheit ohne weiteres ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, da sich der Antragsgegner mit den streitgegenständlichen Äußerungen selbst in ein solches Wettbewerbsverhältnis zu den Antragsteller in Bezug auf die streitgegenständliche geschäftliche Handlung begeben hatte (vgl. dazu HansOLG, Beschluss v. 18.7.2014, Az. 5 U 39/13).
Der Antragsgegner hatte in seiner Anwaltswerbung den Versuch des Antragstellers kritisiert, ehemalige Kunden dazu zu bewegen, unzutreffende Bewertungen auf einer Verkaufsplattform zu beseitigen.
Er hatte behauptet, dass den vom Antragsteller gegenüber Kunden ausgesprochenen Abmahnungen „meist die Berechtigung“ fehlten und die angesetzten „Gegenstandswerte überhöht“ seien. Es handele sich daher nach seiner Auffassung „um den Versuch, Kunden einzuschüchtern, um diese dazu zu bewegen, ihre Bewertungen zurückzunehmen“.
Da der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen nicht ersichtlich war, verbot das Landgericht die konkrete, streitgegenständliche Werbung, da diese eine kreditschädigende geschäftliche Handlung darstellte.
Lampmann: „Die Zeiten, in denen Anwälten es grundsätzlich verboten war, Werbung für die eigene Kanzlei zu machen, sind selbstverständlich vorbei. Leider übersehen viele Kollegen, dass auch nach der Lockerung des anwaltlichen Werberechts dennoch nicht alles das erlaubt ist, was technisch möglich ist.“
Die Möglichkeiten der Suchmaschinenoptimierung verlocken insbesondere im Massengeschäft Filesharing aber auch in anderen internetaffinen Rechtsgebieten dazu, Blogbeiträge oder andere Berichte auf der Kanzleiseite zu veröffentlichen, die nur zum Schein zur Information des Publikums dienen. In Wirklichkeit sind die Ausführungen durch die – oft mehrfache – Erwähnung des Abmahnenden und der vertretenden Rechtsanwaltskanzlei auf den Suchalgorithmus der Suchmaschine Google abgestimmt, um so potentielle Mandanten einzufangen, die nach Erhalt eines aus Sicht des werbenden Anwalts hoffentlich zahlreich verschickten Abmahnschreibens, dort nach Hilfe suchen.
Abgesehen von Stilfragen und den Umstand, dass die Veröffentlichung von im Rahmen eines Mandatsverhältnisses erlangten Falldaten durch einen Rechtsanwalt auch in Bezug auf die Daten des Gegners im Grundsatz datenschutzrechtlich problematisch sein dürfte, ist es jedenfalls unzulässig, in diesem Zusammenhang mit der Behauptung unwahrer oder irreführender Behauptungen auf Mandantenfang zu gehen.
Übersehen wird darüber hinaus häufig, dass sich derartige werbende Äußerungen nicht nur am Persönlichkeitsrecht, sondern daneben auch an wettbewerbsrechtlichen Regeln messen lassen müssen, deren Einhaltung nicht nur von anderen Rechtsanwälten, sondern im Rahmen eines „ad-hoc“- Wettbewerbsverhältnisses auch von den von der Werbung betroffenen Unternehmen überprüft werden kann.