Schadensersatzansprüche können im VW-Abgasskandal in der Regel noch bis Ende 2019 geltend gemacht. Das hat das Landgericht Osnabrück mit Urteil vom 3. September 2019 entschieden (Az.: 6 O 918/19).
Hier einen Rechtsanwalt zu diesem Thema finden
Verbraucherschutz.tv kooperiert deutschlandweit mit vielen kompetenten Rechtsanwälten auch aus Ihrer Region. Sie sind Anwalt und möchten hier veröffentlichen? Bitte Mail an usch@talking-text.de
„VW würde es wohl gerne sehen, dass die Schadensersatzansprüche im Abgasskandal schon Ende 2018 verjährt sind und argumentiert entsprechend. Wie schon andere Gerichte zuvor hat das Landgericht Osnabrück dem Autobauer aber einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht und klargestellt, dass Schadensersatzansprüche gegen VW noch nicht verjährt sind“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Vor dem LG Osnabrück ging es um die Klage eines Verbrauchers, der ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug mit dem Motor EA 189 gekauft hatte. Seine Klage reichte er erst 2019 ein.
VW vertrat in dem Verfahren die Ansicht, dass die Ansprüche bereits verjährt seien, da die „Dieselproblematik“ im Jahr 2015 publik wurde und VW die Öffentlichkeit im September 2015 informiert hat. Daher hätten seit 2015 Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, die dreijährige kenntnisabhängige Verjährungsfrist sei damit Ende 2018 abgelaufen.
Das sahen der Kläger und auch das LG Osnabrück allerdings ganz anders. Zunächst stellte das Gericht fest, dass VW den Kläger durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig getäuscht habe und daher zum Schadensersatz verpflichtet sei. Zudem seien die Ansprüche des Klägers auch noch nicht verjährt.
Der Beginn der kenntnisabhängigen dreijährigen Verjährungsfrist setze voraus, dass der geschädigte Kunde ohne weiteres erkennen konnte, dass ihm Schadensersatzansprüche gegen VW zustehen. Dies setze wiederum insbesondere voraus, dass das Führungspersonal des Autoherstellers für den Einsatz der Manipulationssoftware verantwortlich gemacht werden könne. Dies sei 2015 aber überhaupt noch nicht klar gewesen, so das LG Osnabrück. Letztlich sei der Öffentlichkeit bis heute nicht bekannt, wer bei Volkswagen über die Entwicklung und Einsatz der Manipulationssoftware entschieden habe. Dass dennoch erfolgreich Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, habe sich erst nach 2015 herauskristallisiert. Schadensersatzansprüche seien deshalb nicht bereits Ende 2018 verjährt.
VW hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Rechtsanwalt Dr. Hartung glaubt nicht, dass dies etwas an der Entscheidung ändern wird. „2015 waren die Fahrzeughalter noch gar nicht informiert, dass ihr Fahrzeug konkret vom Abgasskandal betroffen ist. Das wussten sie in der Regel erst 2016 durch den Erhalt des Rückrufschreiben. Daher können Schadensersatzansprüche in der Regel auch noch bis Ende 2019 geltend gemacht werden“, so Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.