Anlageberater und Anlagevermittler haben gegenüber den Anlageinteressenten umfassende Informationspflichten, z.B. über die Risiken der Geldanlage. „Diese Informationspflichten wurden bei der Vermittlung von P&R-Containern regelmäßig verletzt. Für die geschädigten P&R-Anleger bedeutet dies, dass sie Schadensersatzansprüche gegen die Vermittler geltend machen können“, sagt Rechtsanwalt Ralf Buerger, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Hagen.
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Zwischen einem Anlageinteressenten und einem Anlagevermittler kommt stillschweigend ein Auskunftsvertrag zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er bei der Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Vermittler daraufhin tätig wird (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Aufl., Rz. 52 zu § 280 m.w.N.).
Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte darf der Anleger davon ausgehen, dass der Vermittler über die erforderliche Sachkunde im Zusammenhang mit der vermittelten Kapitalanlage verfügt.
Der Vermittler hat die ihm obliegenden Auskunftspflichten dann verletzt, wenn er den Anleger nicht vollständig und richtig über die mit den Kauf- und Verwaltungsverträgen verbundenen Risiken aufgeklärt und nicht die bestehenden Vorbehalte bezüglich der in den Verträgen angesprochenen Garantien erläutert hat.
„Aufgrund des bestehenden Auskunftsvertrages schuldet der Anlagevermittler dem Anlageinteressenten eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für dessen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind. Insoweit kann das Pflichtenprogramm nach den Bestimmungen der §§ 11 ff. Finanzanlagenvermittlungsverordnung (i.d.F.v. 01.01.2013) herangezogen werden. Demnach hat der Anlagevermittler u.a. über die mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken, insbesondere das Risiko des Verlustes der gesamten Kapitalanlage (§ 13 Abs. 2 S.2 Nr. 1. FinVermV), sowie über die Möglichkeit, dass dem Anleger aus den Geschäften weitere Kosten und Steuern entstehen können (§ 13 Abs. 3 Nr. 2 FinVermV), zu informieren“, so hat es das Landgericht Erfurt ausgeführt, bestätigt Rechtsanwalt Ralf Buerger, der im Bereich der Vermittlerhaftung spezialisiert ist.
Der Anlagevermittler ist zudem verpflichtet, das Anlagekonzept und den Prospekt auf wirtschaftliche Plausibilität zu prüfen; unterlässt er dies, muss er darauf hinweisen (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O., m.w.N.).
In Sachen P & R Container haben die Vermittler regelmäßig Informationspflichten verletzt. Es wurde nicht über sämtliche Risiken, die mit den Kauf- und Verwaltungsverträgen verbunden sind, aufgeklärt und in den Verträgen als „garantiert“ dargestellte Leistungen der Emittenten nicht richtig gestellt . So konnten die Anleger aufgrund des Wortlauts der Kauf- und Verwaltungsverträge davon ausgehen, dass die zu erwartenden Mieten „garantiert“ sind, dass außerdem die Versicherung der Container durch den Mieter gegen alle Risiken „garantiert“ ist und dass im Falle des „Totalverlustes“ eines Containers den Anlegern ein gleichwertiger Container übertragen wird.
Außerdem haben Vermittler wiederholt nicht darüber aufgeklärt, dass übernommene Garantien unter dem Vorbehalt ganz erheblicher Risiken standen. Denn es bestanden bedeutende Mietausfall-, Versicherungs- und Kostenrisiken für die Anleger, über welche auch bei Zugrundelegung der Prospekte nicht vollständig und nicht richtig aufgeklärt wurde.
„So konnten die Mieten auf keinem Fall unbedingt als ,garantiert‘ angepriesen werden. Für die Container existierte nämlich keine Mietausfallversicherung und zudem bestand das Risiko, dass die jeweilige Emittentin die Mieten – wie hier – im Insolvenzfalle gar nicht mehr würde zahlen können, so Rechtsanwalt Ralf Buerger.
Auch in den vorgenannten Prospekten wird weder das Emittentenrisiko noch ein Totalverlustrisiko und schon gar nicht das für die Anleger bestehende Privatinsolvenzrisiko vollständig und richtig dargestellt. In den Prospekten wird unter der Rubrik „Risiken“ mit der Überschrift „Ausfall eines Mietpartners“ lediglich darauf hingewiesen, dass ein Mietpartner auch mal infolge Zahlungsunfähigkeit ausfallen kann und man sich dann eben im Namen des Anlegers um einen anderen Mietpartner kümmern würde. Über die wirtschaftlichen Konsequenzen, was passiert, wenn ein Nachmieter eben nicht gefunden werden kann, lässt sich dem Prospekt nichts entnehmen. Insbesondere bleibt auch unklar, wie denn dann die Container versichert sind, wenn laut Vertrag die Container-Versicherung von dem Mieter abzuschließen war, dieser aber plötzlich zahlungsunfähig wird und folglich auch die Versicherungsprämien nicht mehr aufbringen kann.
Unter dem Punkt „Ausfall von …“ wird lediglich verharmlosend und ohne ein Aufzeigen der Möglichkeit erheblicher wirtschaftlicher Risiken darauf hingewiesen, dass im Falle des Ausfalls die laufende Mietperiode vertraglich erfüllt werde und im Anschluss daran wegen des florierenden Markts des Containerfrachtgeschäfts schon irgendwie eine Veräußerung oder anderweitige Vermietung der Container möglich sein wird. Mögliche negative wirtschaftliche Konsequenzen werden auch hier völlig unzureichend dargestellt. Es bestünde lediglich das Risiko, dass die prognostizierten Werte (gemeint zu sein scheinen die vertraglich vereinbarten Konditionen) nicht erreicht werden. Darüber, dass in diesem Fall ein Totalverlustrisiko bis hin zur Gefahr der Privatinsolvenz der Anleger besteht, schweigen die Prospekte.
„Selbst wenn P&R zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge mit den Anlegern in den einschlägigen Foren und Medien als ,sicher‘ und zudem mit dem Rating A + eingestuft war, existierte dennoch im Verlauf des weiteren Vertragsverhältnisses das Risiko eines Totalverlustes bis hin zum maximalen Risiko der Privatinsolvenz der jeweiligen Anleger. So bestand und besteht im Falle des Ausfalls der Emittentin auch heute noch für die Anleger als Eigentümer der Seefrachtcontainer das Risiko, selbst für die Wartung, Pflege und Bewirtschaftung der Container aufkommen zu müssen, für durch die Container verursachte Schäden zu haften oder anstelle eines ausgefallenen Mieters Versicherungsprämien für Versicherungen gegen solche Gefahren zahlen zu müssen sowie ggf. für Gebühren von Standzeiten der Container aufkommen zu müssen“, so das Landgericht Erfurt in seiner Urteilsbegründung vom 22.02.2019.
Schadensersatzansprüche gegen Vermittler, die ihre obliegenden Auskunftspflichten verletzt haben, sind daher aktuell noch mit guten Chancen durchsetzbar. Auch sind solche Ansprüche derzeit noch nicht verjährt. Bis zum Bekanntwerden der Insolvenzeröffnungsanträge über das Vermögen der P&R Gesellschaften im März 2018 gingen noch alle davon aus, dass die in Rede stehenden Investitionen sicher und keinen Risiken ausgesetzt sind. Folglich ist davon ausgehen, dass auch die Anleger frühestens im Laufe des Jahres 2018 von den bestehenden Risiken der Kapitalanlage Kenntnis erlangt haben, weshalb die 3-jährige kenntnisabhängige Verjährungsfrist noch kein Problem darstellt, vgl. §§ 195, 199 Abs.1 BGB.