Müssen Kinder für Eltern im Altersheim bezahlen?

Pflegeheime kosten viel Geld, sodass die Unterbringung eines Elternteils für viele Kinder früher oder später eine finanzielle Belastung darstellen kann. Wenn Eltern im Alter pflegebedürftig werden und ins Heim müssen, stellen sich viele Kinder daher die bange Frage: Müssen wir für die hohen Heimkosten aufkommen? Die Unsicherheit über den sogenannten Elternunterhalt ist groß, denn nicht immer reicht die Rente der Eltern, um die Kosten zu decken.

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In welchen Fällen Kinder tatsächlich Elternunterhalt zahlen müssen, welche Schutzmechanismen das Gesetz bietet und wie Vermögen und Einkommen dabei berücksichtigt werden, erfahren Sie in diesem Artikel. Wer gut informiert ist, kann beruhigter in die Zukunft blicken und mögliche finanzielle Belastungen frühzeitig einschätzen.

Elternunterhalt: Wann müssen Kinder für Heimkosten aufkommen?

Laut § 1061 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind Verwandte in gerader Linie, wie Eltern und Kinder, gegenseitig zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Dass Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind, ist selbstverständlich, da sie sie großgezogen haben. So gewähren Eltern ihren Kindern ein Dach über dem Kopf, sorgen sich um ihre Verpflegung und legen oft sogar ein Sparbuch für Kinder an.

Doch was ist, wenn die einst ihre Kinder pflegenden Eltern selbst zu pflegebedürftigen Eltern werden und ins Pflegeheim müssen? Wer übernimmt die Kosten?

Grundsätzlich greift hier das Prinzip des Elternunterhalts. Allerdings nur, wenn die Eltern selbst nicht mehr in der Lage sind, ihre Heimkosten zu tragen. Das bedeutet, dass Kinder in finanzieller Verantwortung stehen, wenn ihre Eltern bedürftig werden. Dies betrifft vor allem die Kosten für eine Heimunterbringung und Pflege, sofern diese nicht durch die Pflegeversicherung oder eigenes Vermögen der Eltern gedeckt werden können.

Zunächst muss das Vermögen der Eltern aufgebraucht werden

Bevor jedoch die Kinder zur Kasse gebeten werden, müssen zunächst alle eigenen finanziellen Mittel der Eltern ausgeschöpft sein. Dazu zählen sowohl Einkünfte wie Renten als auch Vermögenswerte, etwa Ersparnisse, Immobilien oder andere Anlagen. Erst wenn dieses Vermögen aufgebraucht ist, kann der Sozialhilfeträger auf die Kinder zukommen und Unterhaltsansprüche geltend machen.

Das besagt das BGB

Nach § 1601 ff. des BGB sind Kinder grundsätzlich verpflichtet, ihren bedürftigen Eltern Unterhalt zu gewähren. Dies erfolgt jedoch nur, wenn der Elternteil nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu versorgen. Die Höhe des Elternunterhalts richtet sich dabei nach dem Einkommen und Vermögen der Kinder. Sie müssen jedoch nicht um ihre eigene Existenz fürchten, da ihnen ein sogenannter Selbstbehalt bzw. das Schonvermögen zusteht.

Angehörigen-Entlastungsgesetz schützt Einkommen unter 100.000 Euro

Bis Ende 2019 mussten Kinder Elternunterhalt zahlen, wenn ihr monatliches Nettoeinkommen 1.800 Euro (für Alleinstehende) oder 3.240 Euro (für Verheiratete) überschritt.

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde der Elternunterhalt neu geregelt und die finanzielle Belastung für Angehörige deutlich reduziert. So müssen Kinder seit dem 1. Januar 2020 nur dann für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen, wenn ihr Jahreseinkommen nicht mehr als 100.000 Euro brutto beträgt. Dabei wird das Einkommen des Ehepartners oder Schwiegerkindes nicht mit eingerechnet.

Kinder von pflegebedürftigen Eltern werden also erst dann zur Kasse gebeten, wenn ihr Einkommen über dieser Grenze liegt. Auch wenn sie Vermögen besitzen, etwa in Form von Immobilien, bleiben sie von der Unterhaltspflicht verschont, solange ihr Jahreseinkommen unter 100.000 Euro brutto liegt.

Eltern von volljährigen, pflegebedürftigen Kindern profitieren von dieser Regelung ebenso. Sie müssen nur dann für die Pflegekosten ihres Kindes aufkommen, wenn ihr Einkommen über der 100.000-Euro-Grenze liegt. Sollte die Pflegeversicherung nicht alle Kosten abdecken, übernimmt das Sozialamt seit dem 1. Januar 2020 den Rest.

Vermögen wird nicht herangezogen

Anders als beim Einkommen bleibt das Vermögen der Kinder unangetastet. Das bedeutet, dass Ersparnisse, Immobilien oder andere Vermögenswerte nicht zur Deckung der Pflegekosten der Eltern herangezogen werden. Diese Regelung stellt sicher, dass Kinder nicht gezwungen werden, ihren eigenen Lebensstandard aufzugeben oder ihre Zukunftsplanung zu gefährden, um die Heimkosten ihrer Eltern zu finanzieren.

Welches Einkommen zählt?

Für die Berechnung des Elternunterhalts wird das gesamte Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes berücksichtigt. Dabei zählen nicht nur das regelmäßige Erwerbseinkommen, sondern auch weitere Einnahmequellen. Entscheidend ist, dass das Einkommen die gesetzliche Grenze von 100.000 Euro im Jahr überschreiten muss, damit die Unterhaltspflicht überhaupt greift. Doch was genau zählt zum Einkommen und welche Positionen können abgezogen werden?

Anrechenbare Einkommenstypen

Neben dem Nettoeinkommen aus nicht selbstständiger und selbstständiger Arbeit werden auch weitere Einkommensarten bei der Berechnung des Elternunterhalts herangezogen. Dazu zählen etwa Mieteinnahmen aus Immobilienbesitz, Kapitalerträge wie Zinsen oder Dividenden sowie Renten und Pensionen.

Auch Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung oder privaten Nebenjobs werden berücksichtigt. Einmalige Sonderzahlungen oder Boni können unter Umständen ebenfalls als Einkommen gelten, wenn sie regelmäßig oder planbar sind. Wichtig ist, dass diese Beträge zunächst zusammengeführt werden, um zu bestimmen, ob die Grenze von 100.000 Euro überschritten wird.

Wenn das Einkommen über 100.000 Euro liegt, besteht sowohl eine Unterhaltspflicht mit dem Einkommen als auch mit dem Vermögen. Allerdings gibt es das sogenannte Schonvermögen, das sehr großzügig bemessen wird. Die Höhe des Schonvermögens wird individuell festgelegt und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es schützt vor einer finanziellen Überlastung und schließt bestimmte Vermögenswerte von der Unterhaltspflicht aus.

Das Schonvermögen verfolgt zwei wichtige Ziele: Zum einen soll der Lebensstandard des Unterhaltspflichtigen gewahrt bleiben, zum anderen soll die Altersvorsorge geschützt werden. Diese Regelung soll verhindern, dass der Unterhaltspflichtige später selbst auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, weil das Vermögen vollständig für den Elternunterhalt aufgebraucht wurde.

Grundsätzlich müssen zwar alle verfügbaren Mittel eingesetzt werden, doch das Schonvermögen bietet einen wichtigen Schutz vor übermäßiger finanzieller Belastung.

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil von 2006 eine Methode entwickelt, mit der das Schonvermögen für die Altersvorsorge auch bei durchschnittlichen Einkommen mehrere hunderttausend Euro betragen kann. Hiernach wird das Schonvermögen wie folgt berechnet:

Schonvermögen = (5 Prozent des aktuellen Bruttoeinkommens) x (Anzahl der Berufsjahre) x (4 Prozent Durchschnittsverzinsung pro Berufsjahr)

Diese Formel berücksichtigt sowohl das Einkommen als auch die Dauer der Berufstätigkeit und sorgt dafür, dass eine angemessene Altersvorsorge geschützt bleibt.

Schwiegerkinder sind unerheblich

Haben die Eltern mehrere Kinder, wird das Bruttojahreseinkommen der einzelnen Kinder für den Elternunterhalt nicht zusammengezählt. Solange keines der Kinder die Einkommensgrenze von 100.000 Euro überschreitet, besteht für kein Kind die Verpflichtung, Unterhalt zu zahlen.

Anders sieht es aus, wenn ein Geschwisterkind ein Einkommen von mehr als 100.000 Euro brutto pro Jahr hat. In diesem Fall wird der Unterhalt zunächst auf alle Kinder verteilt. Letztlich muss aber nur das Geschwisterkind mit dem höheren Einkommen zahlen, während der Anteil der anderen Kinder vom Sozialamt übernommen wird.

Eine in diesem Zusammenhang oft gestellte Frage lautet, ob auch das Einkommen von Schwiegerkindern für den Elternunterhalt herangezogen wird. Die klare Antwort lautet: Nein. Schwiegerkinder sind nicht unterhaltspflichtig und ihr Einkommen bleibt bei der Berechnung des Elternunterhalts unberücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon, ob das Schwiegerkind möglicherweise ein hohes Einkommen hat. Maßgeblich ist allein das Einkommen des Kindes, das in direkter Linie mit den bedürftigen Eltern verwandt ist.

Mindestselbstbehalt

Um zu verhindern, dass Kinder durch die Unterhaltsverpflichtung selbst in finanzielle Not geraten, wird ihnen ein sogenannter Mindestselbstbehalt zugestanden. Dieser liegt seit dem 1. Januar 2020 bei 2.000 Euro netto pro Monat. Wenn das eigene Einkommen nach Abzug der Fixkosten unter diesem Betrag liegt, wird der Elternunterhalt nicht geltend gemacht. Dieser Betrag wurde allerdings noch vor der Einführung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes festgelegt und könnte in Zukunft durch Gerichtsentscheidungen auf bis zu 5.000 Euro angehoben werden.

Der Selbstbehalt dient dem Zweck, dem unterhaltspflichtigen Kind einen angemessenen Lebensstandard zu sichern, ohne dass es in die eigene Existenznot gerät. So umfasst er 480 Euro für Wohnkosten, inklusive Nebenkosten. Sollten die Wohnkosten höher ausfallen, kann der Selbstbehalt entsprechend angehoben werden. Leben die Kinder mit einem Ehepartner zusammen, erhöht sich der Selbstbehalt auf 3.600 Euro.

Abzugsfähige Ausgaben

Neben dem Mindestselbstbehalt können auch bestimmte Ausgaben vom Einkommen abgezogen werden, bevor der Elternunterhalt berechnet wird. Dazu zählen unter anderem:

  • Beruflich bedingte Ausgaben, wie zum Beispiel Fahrtkosten,
  • Kosten für Krankenversicherungen und krankheitsbedingte Ausgaben,
  • Raten für Darlehen, insbesondere für Zins und Tilgung einer Baufinanzierung für Wohneigentum,
  • Beiträge zur privaten Altersvorsorge bis zu fünf Prozent des Bruttoeinkommens,
  • Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Ehepartnern, eingetragenen Lebenspartnern oder eigenen Kindern,
  • Kosten für regelmäßige Besuche bei den Eltern.

Diese Abzüge sollen sicherstellen, dass das unterhaltspflichtige Kind seinen eigenen Verpflichtungen und Lebensunterhaltskosten nachkommen kann, bevor es für die Pflegekosten der Eltern aufkommen muss. Es gibt jedoch auch Ausgaben, die nicht abgezogen werden können. Hierzu gehören:

  • Beiträge für Hausrats- und Haftpflichtversicherungen,
  • Rundfunkgebühren sowie
  • Wohn- und Nebenkosten bis zu 480 Euro, da diese bereits im Mindestselbstbehalt enthalten sind.

Hinweis: Wenn die tatsächlichen Wohn- und Nebenkosten höher ausfallen, können diese zusätzlichen Aufwendungen nachgewiesen und ebenfalls abgezogen werden.

Unterhaltspflicht: Rechenbeispiel

Um die Unterhaltspflicht besser zu verstehen, betrachten wir zwei einfache Rechenbeispiele.

Beispiel 1:

Max ist Abteilungsleiter in einem großen Unternehmen, das 30 km von seinem Wohnort entfernt ist. Seine Mutter lebt in einem Pflegeheim und benötigt finanzielle Unterstützung, da ihr Einkommen nicht ausreicht und sie kein Vermögen besitzt. Das Sozialamt übernimmt einen Teil der Pflegekosten.

Sein monatliches Einkommen: 9.500 Euro (114.000 Euro Jahresbruttoeinkommen).

Max hat folgende Ausgaben:

  • Private Krankenversicherung: 500 Euro monatlich (6.000 Euro im Jahr)
  • Private Altersvorsorge: 475 Euro monatlich. Da nur 5 Prozent des Vorjahresbruttoeinkommens (114.000 Euro) absetzbar sind, werden jährlich 5.700 Euro angerechnet.
  • Fahrtkosten zur Arbeit: 3.696 Euro (30 Kilometer täglicher Hin- und Rückweg x 0,42 Euro x 220 Arbeitstage = 3.696 Euro).

Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens:

  • Bruttojahreseinkommen: 114.000 Euro
  • Abzüglich privater Krankenversicherung: 6.000 Euro
  • Abzüglich Werbungskosten (Fahrtkosten): 3.696 Euro
  • Abzüglich privater Altersvorsorge: 5.700 Euro

Unterhaltsrelevantes Einkommen: 98.604 Euro

Fazit: Da Max’ unterhaltsrelevantes Einkommen unter der Einkommensgrenze von 100.000 Euro liegt, muss er keinen Elternunterhalt für seine Mutter zahlen.

In diesem Beispiel lag Max’ Einkommen unter der gesetzlichen Grenze, sodass er keinen Elternunterhalt zahlen musste. Doch was passiert, wenn das Einkommen eines Kindes die Grenze von 100.000 Euro überschreitet?

Beispiel 2:

Max ist mittlerweile Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in seiner Nähe und verdient deutlich mehr. Seine Mutter lebt weiterhin im Pflegeheim und ihr Einkommen und Vermögen reichen nicht aus, um die Heimkosten zu decken. Das Sozialamt unterstützt sie, aber Max könnte aufgrund seines gestiegenen Einkommens zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet werden.

Sein monatliches Einkommen: 12.500 Euro (150.000 Euro Jahresbruttoeinkommen).

Max hat folgende Ausgaben:

  • Private Krankenversicherung: 600 Euro monatlich (7.200 Euro im Jahr)
  • Private Altersvorsorge: 625 Euro monatlich. Da nur 5 Prozent des Vorjahresbruttoeinkommens (150.000 Euro) absetzbar sind, werden jährlich 7.500 Euro angerechnet.
  • Fahrtkosten zur Arbeit: 2.772 Euro (20 Kilometer täglicher Hin- und Rückweg x 0,42 Euro x 220 Arbeitstage = 2.772 Euro).

Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens:

  • Bruttojahreseinkommen: 150.000 Euro
  • Abzüglich privater Krankenversicherung: 7.200 Euro
  • Abzüglich Werbungskosten (Fahrtkosten): 2.772 Euro
  • Abzüglich privater Altersvorsorge: 7.500 Euro

Unterhaltsrelevantes Einkommen: 132.528 Euro

Fazit: Mit einem unterhaltsrelevanten Einkommen von 132.528 Euro übersteigt Max die Einkommensgrenze von 100.000 Euro deutlich. Daher ist er verpflichtet, Elternunterhalt für seine Mutter zu zahlen.

Häufig gestellte Fragen

Wer zahlt Heimkosten, wenn die Rente nicht reicht?

Reichen die Rente und das Vermögen der Eltern nicht aus, übernimmt zunächst das Sozialamt die Heimkosten. Anschließend kann es prüfen, ob die Kinder unterhaltspflichtig sind und zur Deckung der Kosten herangezogen werden können.

Wird die Mutter zum Pflegefall, droht der Verlust des Hauses?

In der Regel wird das Eigenheim nicht sofort veräußert, wenn ein Elternteil pflegebedürftig wird. Allerdings kann das Sozialamt bei gravierender Vermögensnot verlangen, dass das Haus verkauft oder beliehen wird, um die Pflegekosten zu decken.

Welches Vermögen ist unantastbar?

Das Vermögen der Kinder bleibt im Rahmen der Elternunterhaltspflicht unberührt. Zudem sind bestimmte Vermögenswerte der Eltern, wie ein angemessenes Eigenheim des Ehepartners, in der Regel geschützt und müssen nicht zur Pflegefinanzierung eingesetzt werden.

Fazit

Die Frage nach dem Elternunterhalt betrifft viele Familien, vor allem dann, wenn die Pflegekosten der Eltern das eigene Vermögen übersteigen. Das Angehörigen-Entlastungsgesetz bietet seit 2020 jedoch eine deutliche finanzielle Entlastung, da Kinder erst ab einem Bruttoeinkommen von 100.000 Euro zur Zahlung herangezogen werden können.

Auch das Schonvermögen und der Mindestselbstbehalt sorgen dafür, dass die finanzielle Zukunft der Kinder gesichert bleibt. Trotz der gesetzlichen Unterhaltspflicht sind Schutzmechanismen in Kraft, die verhindern, dass Kinder durch die Pflegekosten der Eltern übermäßig belastet werden. Wer sich frühzeitig informiert und seine finanzielle Situation kennt, kann besser einschätzen, in welchen Fällen eine Unterhaltspflicht tatsächlich greift.

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