Daimler musste vor dem Landgericht Stuttgart erneut eine Niederlage einstecken. Das LG Stuttgart entschied mit Urteil vom 6. Dezember 2019, dass die Käuferin einer Mercedes A-Klasse Anspruch auf Schadensersatz habe. Sie sei durch die Verwendung eines unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei der Abgasreinigung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden (Az.: 29 O 85/19).
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Die Klägerin hatte einen Mercedes A 220 CDI mit dem Dieselmotor des Typs OM 651 als Gebrauchtwagen im März 2016 gekauft. Bei diesem Modell wird die Abgasrückführung außerhalb eines Thermofensters von 20 und 30 Grad reduziert. Folge ist, dass die Abgasreinigung eingeschränkt wird. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschaltung handelt und machte deshalb Schadensersatzansprüche geltend. Daimler hält die Funktion aus Motorschutzgründen für notwendig und auch für zulässig.
Das LG Stuttgart sieht dies jedoch anders und gab der Klage weitgehend statt. Das Fahrzeug verfüge zwar formal über eine EG-Typengenehmigung. Allerdings werde in dem Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung, die der Zulassung entgegenstand, verwendet. Daher habe das Fahrzeug die Zulassungsvoraussetzungen tatsächlich gar nicht erfüllt, so dass der Widerruf der Zulassung gedroht habe, so das LG Stuttgart.
Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 muss der Hersteller das Fahrzeug so ausrüsten, dass es unter normalen Betriebsbedingungen der Verordnung entspricht. Die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, ist dabei unzulässig. Das verwendete Thermofenster bei der Abgasreinigung sei eine solch unzulässige Abschalteinrichtung, so dass die EG-Typengenehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen, führte das Gericht weiter aus.
Es liege auch kein Ausnahmefall vor, der die Verwendung einer Abschalteinrichtung aus Motorschutzgründen rechtfertige. Bei dem Fahrzeug könne davon ausgegangen werden, dass die Abgasrückführung im Normalbetrieb häufig reduziert werde, so dass der Einsatz der Abschalteinrichtung in unterschiedlichem Umfang die Regel und nicht die Ausnahme gewesen sei, so das LG Stuttgart. Daher liege eine unzulässige Abschalteinrichtung vor. Daher bestünde die Gefahr des Widerrufs der Zulassung und des massiven Wertverlusts bei dem Fahrzeug.
Daimler habe das Fahrzeug in den Verkehr gebracht und die EG-Typengenehmigung durch das Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung erschlichen. Der Klägerin sei dadurch ein Schaden entstanden. Es sei davon auszugehen, dass sie das Fahrzeug bei Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht gekauft hätte. Sie habe daher Anspruch auf Schadensersatz. Der Kaufvertrag müsse rückabgewickelt werden, d.h. die Klägerin kann gegen Rückgabe des Fahrzeugs die Erstattung des Kaufpreises verlangen. Für die gefahrenen Kilometer muss sie sich allerdings eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, so das LG Stuttgart.
„Daimler verwendet in zahlreichen Diesel-Modellen Thermofenster bei der Abgasreinigung. Die Käufer haben daher gute Aussichten, Schadensersatzansprüche durchzusetzen“, sagt Rechtswalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.