Lebensversicherungen: BGH Urteil macht Vertragswiederruf möglich – Unzählige Versicherungsnehmer betroffen

Das hört sich zu schön an, um wahr zu sein – ist es aber doch! Der BGH hat am 7. Mai 2014 ein bahnbrechendes Urteil gesprochen, das zahlreichen Lebensversicherungskunden Hoffnung auf die Rückerstattung von Prämien gibt, selbst wenn die Verträge schon zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen wurden und selbst dann, wenn der Vertrag bereits gekündigt wurde. Es geht um nicht erfüllte Informationspflichten zum Vertragsabschluss. Der IV Zivilsenat des Bundesgerichtshofes geht davon aus, dass Millionen von Versicherungsnehmern nicht richtig über das ihnen zustehende Widerrufsrecht informiert wurden. Daher können Betroffene eingezahlte Beiträge zuzüglich einer Verzinsung zurück fordern. Das Gericht orientierte sich dabei an einem Urteil des europäischen Gerichtshofes aus 2013. Dieses Urteil hatte eine eigene deutsche Gesetzesvorschrift ausgehebelt. Diese besagte, dass deutsche Versicherungsnehmer ein Jahr nach der ersten Prämienleistung nicht mehr vom Vertrag zurück treten konnten, unabhängig davon, ob sie über das Widerrufsrecht aufgeklärt wurden oder nicht. Das, so die BGH-Richter sei mit EU recht nun mal nicht vereinbar. Die betreffende Klausel ist damit unwirksam.

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Über die Höhe möglicher Rückzahlungen kann aktuell nur spekuliert werden. Sicher ist, dass sich Versicherungsnehmer mit einem Widerruf deutlich besser stehen, als mit der Kündigung. Daher raten Versicherungsrechtsexperten dazu, den damals geschlossenen Vertrag zu widerrufen statt jetzt zu kündigen. Dadurch entfallen die üblichen Stornogebühren. Ob die Prämien in voller Höhe erstattet werden ist wohl kaum denkbar, denn immerhin haben die Versicherten ja auch Versicherungsschutz genossen. Auf jeden Fall sollte ein Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht umso dringender hinzugezogen werden, je höher die mögliche Summe ist! Die nun verurteilte Allianz-Versicherung hatte bereits im vergangen Jahr begonnen, Rücklagen anzulegen und ist auf eine Rückzahlungsverpflichtung von bis zu 100 Millionen Euro vorbereitet.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat nun die Aufgabe, das Thema „Höhe der Rückzahlungen“ mit dem Kläger zu regeln. Der BGH gab das Verfahren wieder an die Stuttgarter Richter zurück. Geklagt hatte übrigens Allianz-Kunde, der sich nach achtjähriger Prämienzahlung über einen sehr niedrigen Rückkaufswert nach der Kündigung geärgert hatte.

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