Die Szene dürfte sich in diesen Tagen deutschlandweit vielerorts wiederholen: Am Schalter der Volksbank-Filliale Johannisberg steht eine Kundin und will ihre Kontoführungsgebühren zurück, „Ich hab da was in den Nachrichten gehört!“Zum Glück kann ich die Dame und die gleichsam sympathische wie natürlich nichts ahnende Mitarbeiterin kurz auf „Stand“ bringen. Der Bundesgerichtshof hat aktuell entschieden, dass wohl einige der in den letzten Jahren von Banken vorgenommenen Erhöhungen von Kontobearbeitungsgebühren nicht zulässig waren, weil ein Schweigen der Kunden allein nicht hätte als Zustimmung gewertet werden dürfen. Konkret verklagt wurde die Postbank, die Thematik dürfte aber alle Kreditinstitute treffen, die in Niedrigzinszeiten ihre Gebührensätze verändert haben.
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Und es hat Auswirkungen: Beispielsweise wird die Commerzbank für ihren Online-Ableger Comdirekt eine geplante Einführung von Gebühren für das bislang kostenlose Konto von der Analyse des aktuell noch nicht vorliegende Urteils abhängig machen. Die Commerzbank selbst legt auch die gepante Anhebung von 1,40 Euro pro Monat für das normale Girokonto auf Eis.
Interessant ist das Urteil in einer ersten Bewertung nur für die Zukunft. Zwar können auch rückwirkend unzulässiger Weise vorgenommene Erhöhungen in Summe zurückgefordert werden, ob sich der Aufwand einer aufwändigen Kontenprüfung lohnt, ist dabei eine grundsätzlich vom Verbraucher im Einzelfall zu klärende Frage. So ist der Aufwand für ein normales und privat genutztes Girokonto sicherlich nicht gerechtfertigt. Banken bekommen auf jeden Fall ein Problem, denn sie müssen nicht nur Kontoführungsgebühren, sondern auch andere Umstellungen wie z.B. Freibetragsgrenzen konkret vom Kunden absegnen lassen. Eine stillschweigende Zustimmung kann nach diesem Urteil nicht mehr vorausgesetzt werden. Eine Abfrage der Zustimmung steht auf jeden Fall im Raum, damit bisherige Erhöhungen nachträglich legitimiert werden können.
Verbraucher, die seit 2018 Erhöhungen stillschweigen geduldet haben, können die zu viel gezahlten Beearbeitungsgebühren zurückfordern. Ob Banken aber auf Anschreiben ohne anwaltlichen oder sogar gerichtlichen Druck reagieren, mag angezweifelt werden.