Das Berliner Amtsgericht Mitte hat entschieden, dass Opfer der Seiten von nachbarschaft24.net nicht zahlen müssen. Begründung: Es sei eigentlich gar nicht klar, wofür die Betreiberfirma Netsolutions FZE überhaupt Geld haben will. Etwaige Verträge seien deshalb unwirksam. Es fehle die Transparenz.
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Wir zitieren computerbetrug.de:
Nachbarschaft24.net hatte in den vergangenen Monaten für einen Massenansturm bei den deutschen Verbraucherzentralen gesorgt. Zig-tausende Menschen waren auf die Seite hereingefallen und hatten – angelockt auch durch Werbe-Mails – ihre Daten bei nachbarschaft24 eingetragen. Kurz darauf erhielten sie eine Rechnung. Begründung der Betreiberfirma Netsolutions FZE mit Sitz in Dubai: Durch die Anmeldung habe man einen kostenpflichtigen Vertrag abgeschlossen.
Die angebliche Kostenpflicht war auf nachbarschaft24.net allerdings kaum zu erkennen, wie ein Screenshot vom Oktober 2007 zeigt. Trotzdem blieben die Netsolutions FZE und die von ihr beauftragten Inkassofirmen und Anwälte dabei: Man müsse nach der Eingabe seiner Daten zwei Jahre lang neun Euro pro Monat zahlen – für was auch immer.
Gegen eine Frau aus Berlin zog die Firma nun sogar vor Gericht, um das Geld einzufordern – und fing sich eine schallende Ohrfeige ein: Das Amtsgericht Mitte in Berlin wies die Klage nämlich als „unbegründet“ ab.
Der Richter fand auf nachbarschaft24.net gleich eine ganze Reihe von Gründen, warum die Frau – trotz ihrer Anmeldung – nicht bezahlen müsse. Das begann mit der Frage, wofür die neun Euro pro Monat eigentlich fällig werden sollten. Tatsächlich fordere die Netsolutions FZE nämlich Geld für nichts, so das Amtsgericht: „So ist eine Leistungspflicht der Klägerin nicht erkennbar, so dass die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts in einem auffälligen Missverhältnis zur (nicht vorhandenen) Gegenleistung stünde“, heißt es in dem Urteil. „Zudem verstößt ein etwaiger Vertrag so gegen das Transparenzgebot und ist deshalb unwirksam.“
Außerdem, so das Gericht weiter, sei die Frau „nicht in ausreichender Weise“ über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. „Allein der unscheinbare Hinweis in der Fußzeile der Startseite reicht nicht aus, um eine Einbeziehung der AGB anzunehmen. Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB hätte ein ausdrücklicher Hinweis auf die Einbeziehung der BGB erfolgen müssen.“ Auch der Hinweis auf der Startseite von nachbarschaft24.net, dass die Teilnahme kostenlose sei, sei kein Hinweis auf ein Widerrufsrecht. Folge: Die Frau hätte den angeblichen Vertrag jederzeit widerrufen können – was sie dann auch per Mail tat.
Eine Berufung ließ das Amtsgericht Berlin Mitte in seinem Urteil (Amtsgericht Mitte, Urteil vom 05.11.2008 – Az.: 17 C 298/08) nicht zu. Damit ist die Entscheidung rechtskräftig.
Zusammengefasst: Nach Ansicht des Amtsgerichts wird auf nachbarschaft24.net Geld für nicht vorhandene Leistungen gefordert. Außerdem werden Verbraucher nicht ausreichend über den Vertragsinhalt und die AGB informiert. Deshalb musste das beklagte Opfer nicht bezahlen.
Das Berliner Urteil ist nicht das Erste dieser Art. Zuvor hatten bereits die Amtsgerichte München (Urteil vom 16.01.07 – Az.: 161 C 23695/06) und Hamm (Urteil vom 26.03.08 – Az.: 17 C 62/08) entschieden, dass Opfer von Abofallen im Internet nicht bezahlen müssen.
Quelle: www.computerbetrug.de