Unternehmer, Handwerker und andere Dienstleister können auf ihren Rechnungen sitzenbleiben, wenn sie ihre Kunden nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt haben. Das hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 17. Mai 2023 entschieden (Az.: C-97/22). Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertrag nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgeschlossen wurde. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Vertrag ausschließlich im Wege des sog. Fernabsatzes geschlossen wurde, also z.B. am Telefon oder per E-Mail, oder in der Wohnung des Kunden, im Café, auf der Straße, etc. Auch wenn Dienstleister oder Handwerker ihre Leistung ordnungsgemäß erbracht haben, haben sie dann wegen der nicht erfolgten Aufklärung über das Widerrufsrecht keinen Anspruch auf Bezahlung, so der EuGH.
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„Der EuGH hat die große Bedeutung des Verbraucherschutzes herausgestellt. Dabei spiele das Widerrufsrecht eine wichtige Rolle. Es solle den Verbraucher bei Vertragsabschlüssen außerhalb von Geschäftsräumen schützen, da er in solchen Situationen möglicherweise unter einem stärkeren psychischen Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist“, erklärt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Daher sei das Widerrufsrecht gerade in solchen Situationen für den Verbraucher von großer Bedeutung, damit er eine wohlüberlegte Entscheidung treffen kann.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Verbraucher mit einen Handwerker außerhalb der Geschäftsräume einen Vertrag über die Erneuerung seiner Elektroinstallation geschlossen. Nachdem der Handwerker die Arbeiten ordnungsgemäß erledigt hatte, zahlte der Kunde die Rechnung nicht und widerrief stattdessen den Vertrag. Zur Begründung führte er aus, dass der Handwerker ihn nicht über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt hat und daher keinen Anspruch auf Bezahlung habe. Durch die unterbliebene Aufklärung hat sich die ursprünglich 14-tägige Widerrufsfrist zudem um ein Jahr verlängert.
Das Landgericht Essen folgte zwar grundsätzlich der Argumentation des Verbrauchers, schaltete aber den EuGH ein, um die Frage zu klären, ob der Handwerker, der die Arbeiten bereits ordnungsgemäß abgeschlossen hatte, nicht Anspruch auf einen Wertersatz habe.
Der EuGH entschied, dass der Verbraucher auch nach Vertragserfüllung den Handwerker nicht bezahlen müsse, wenn dieser ihn über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt hat. Das hohe Verbraucherschutzniveau könne nur erhalten bleiben, wenn dem Verbraucher in Folge eines rechtmäßigen Widerrufs keine Kosten entstehen – auch kein Wertersatz, betonte der EuGH. Ohne Widerrufsbelehrung müsse das Unternehmen das Risiko tragen.
„Der EuGH hat damit das Widerrufsrecht der Verbraucher gestärkt. Unternehmer, Handwerker und andere Dienstleister müssen darauf achten, dass sie bei Vertragsabschlüssen außerhalb ihrer Geschäftsräume ihre Kunden ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht aufklären“, so Rechtsanwalt Seifert.
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