Was bedeutet das für die Investoren aus dem ICO? Anleger des Envion ICO können sich durch Titulierung von Ansprüchen Zugriff auf noch vorhandene Vermögenswerte sichern – Weitere Anleger-Klagen gegen Prospektverantwortliche des Envion ICO bei Gericht eingereicht.
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München / Berlin, 01.10.2018. Auf den rasanten Aufstieg der Envion AG folgt nun der Abstieg. Der Kurs der im Rahmen des Envion-ICO ausgegebenen Token (EVN) ist mittlerweile um mehr als 90% gefallen. Der Handel mit EVN auf der Börse HitBTC wurde ausgesetzt. Auch ein Geschäftsbetrieb besteht auf Seiten der Envion AG nicht mehr. Wie die Berner Zeitung in einem Artikel vom 28.09.2018 schreibt, könnte schon bald die Liquidation erfolgen. Was bedeutet das für die Anleger?
Als Kryptowährungen boomten, wollten die Envion AG und die dahinterstehenden Initiatoren auf diesen Zug aufspringen. Überschüssige Energiespitzen sollten genutzt werden, um das Mining der Kryptowährungen kostengünstiger zu gestalten. Ein Patent sei angemeldet und das lukrative Unternehmen stehe in den Startlöchern. Der Plan kam bei Anlegern gut an. Binnen kurzer Zeit hatten rund 30.000 Anleger ca. 100 Millionen US-Dollar bei der Envion AG investiert. Für einen Token zahlten sie etwa einen Dollar und bekamen zum Teil noch entsprechende Boni (Bounty) dazu.
Doch die Erfolgsgeschichte endete fast so schnell wie sie begonnen hatte. Unternehmensgründer und Geschäftsführung sind zerstritten und überziehen sich gegenseitig mit schweren Anschuldigen. Die Staatsanwaltschaft in Berlin ermittelt. Über diese Auseinandersetzungen kam der Geschäftsbetrieb bei der Envion AG irgendwann zum Erliegen, die Geschäftsidee war gescheitert. Leidtragende sind die 30.000 Anleger, die einen enormen Werteverfall ihrer EVN Token erleben. Ein EVN-Token inzwischen nur noch wenige Cent wert. Und nun könnte nach einem Bericht der Berner Zeitung auch noch die Liquidation des Unternehmens bevorstehen.
Da die Wirtschaftsprüfer der Envion AG, so die Berner Zeitung, keinen Zugang zu den Daten des ICO erhielten, lehnten sie es ab, als Revisionsstelle bei der Envion einzuspringen.
Die Envion-Gründer haben die Daten mit der Begründung nicht herausgegeben, da sie eine feindliche Übernahme durch die Geschäftsführung verhindern wollten. Inzwischen ist die Schweizer Finanzaufsicht FINMA eingeschritten, weil der Verdacht besteht, dass die Token ohne Banklizenz gar nicht hätten ausgegeben werden dürfen.
Da die Lizenz wohl nicht auf die Schnelle besorgt werden kann und die Frist zur Einsetzung der Revisionsstelle am 13.09.2018 abgelaufen ist, bliebe nach Ausführung der Berner Zeitung nur noch die Liquidation der Envion AG.
Die Folgen einer fehlenden Revisionsstelle ist in der Schweiz im Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationsrecht) wie folgt geregelt:
Art. 731b
Fehlt der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe oder ist eines dieser Organe nicht rechtmäßig zusammengesetzt, so kann ein Aktionär, ein Gläubiger oder der Handelsregisterführer dem Richter beantragen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Der Richter kann insbesondere:
der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine Frist ansetzen, binnen derer der rechtmäßige Zustand wieder herzustellen ist;
das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen;
die Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs anordnen.
Ernennt der Richter das fehlende Organ oder einen Sachwalter, so bestimmt er die Dauer, für die die Ernennung gültig ist. Er verpflichtet die Gesellschaft, die Kosten zu tragen und den ernannten Personen einen Vorschuss zu leisten.
Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann die Gesellschaft vom Richter die Abberufung von Personen verlangen, die dieser eingesetzt hat.
Die von der Berner Zeitung erwähnte Liquidation ist damit nur ein mögliches Szenario für die Zukunft der Envion AG.
Doch was würde eine Liquidation in der Schweiz für die Investoren bedeuten? Hierbei sind die Regelungen in Art. 739 ff des Schweizer Gesetzes zu beachten. Demnach werden im Rahmen der Liquidation die verbleibenden Vermögenswerte an die Aktionäre verteilt.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Investoren aus dem Envion ICO sind gerade keine Aktionäre der Envion AG geworden und werden bei der Verteilung eines etwaigen Liquidationserlöses somit nicht berücksichtigt. In Art. 739 ff. des Schweizer Regelung der Liquidation heißt es dazu u.a.
Art. 745 B. Auflösung mit Liquidation / III. Liquidationstätigkeit / 4. Verteilung des Vermögens
4. Verteilung des Vermögens
Das Vermögen der aufgelösten Gesellschaft wird nach Tilgung ihrer Schulden, soweit die Statuten nichts anderes bestimmen, unter die Aktionäre nach Massgabe der einbezahlten Beträge und unter Berücksichtigung der Vorrechte einzelner Aktienkategorien verteilt.
Offenbar auch vor diesem Hintergrund melden sich in den letzten Tagen immer weitere Investoren aus dem Envion ICO u.a. bei der Kanzlei CLLB Rechtsanwälte, mit Sitz in Berlin und München, um ihre möglichen Schadenersatzansprüche gegen die Prospektverantwortlichen und Initiatoren des Envion ICO prüfen und gerichtlich durchsetzen zu lassen.
Die Vermögenswerte aus dem Envion ICO sollen auch nach dem Bericht der Berner Zeitung noch vorhanden sein und in US-Dollar bei einer Bank in Liechtenstein deponiert sein.
Auch die Gründer sollen über mehrere Millionen Dollar in Kryptowährungen verfügen. Ein weiteres Problem: Es sollen vielmehr Token im Umlauf sein, deren Rechtsansprüche unklar sind.
„Anleger sollten in jedem Fall handeln, um Zugriff auf die Vermögenswerte zu erhalten und die ihnen zustehenden Schadensersatzansprüche von einem Rechtsanwalt ihrer Wahl prüfen lassen“, erklärt die Kanzlei CLLB, die bereits zahlreiche Investoren des Envion ICO vertritt und entsprechende Schadensersatzklagen vor dem LG Berlin eingereicht hat.
Mehr Informationen: https://www.cllb.de/