Wer in diesen Tagen auf den letzten Drücker tanken will, der sollte Bargeld dabeihaben: Kartenzahlungen – EC und Kreditkarten – sind vielerorts nicht möglich. Neben vielen Tankstellen, Bäckereien oder Einzelhandelsunternehmen sind die Filialen von Edeka sowie der Edeka-Tochter Netto betroffen. Nach aktuellen Erkenntnissen müssen auch bei ALDI Nord, bei Rossmann und bei Rewe die abgestürzten Kartenterminals des Typs H5000 von Verifone ein Update erfahren – das steht aber wohl derzeit nicht zur Verfügung. Hersteller Verifone erklärt, dass man mit Hochdruck an einer Lösung arbeite und bestreitet, dass ein ungültiges Zertifikat oder ein Hackerangriff verantwortlich für die Ausfälle ist. Was finden wir zwischen den Zeilen? Offensichtlich ist Gerätetausch die einzige Option. Um das bei 350.000 Terminals, die in Deutschland im Einsatz sind, möglich zu machen, muss auf die Bremse gedrückt werden. Daher wird mal wieder – wie so oft bei Massenschadensfällen – um den heißen Brei herumgeredet.
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Neustart aus der Ferne nicht möglich
Problematisch ist wohl auch, dass eine Fern-Aktualisierung der Software nicht möglich ist. Die Geräte müssen ausgetauscht oder von einem Techniker vor Ort gewartet werden.
Betroffen sind Kartenterminals des Typs H5000, die von den Zahlungsdienstleistern
- Payone – Hier die Stellungnahme des Unternehmens lesen
- Concardis- Hier Hinweise aus den FAQ des Unternehmens herauslesen
Die Unternehmen haben bestätigt, dass es aktuell Probleme gibt und diese wohl auch noch andauern werden. Die betroffene Hardware und auch die Software stammen vom Unternehmen Verifone und werden in den Vereinigten Staaten produziert. Das H5000 ist das am meisten genutzte System in Deutschland – obwohl Verifone schon 2019 den Umstieg auf modernere Systeme empfohlen und schon kurz darauf das Ende des Supports für das Jahr 2023 angekündigt hatte.
Angeblich geht es um ein Problem mit einem abgelaufenen Zertifikat, das berichteten mehrere Medien anfangs zeitgleich. Dieses stört u.U. die Verifizierung der Geschäftspartner und untersagt die Zahlung. Dagegen spricht sowohl die Stellungnahme von Verifone als auch die Tatsache, dass nicht nur Transaktionen abgelehnt, sondern gleich das ganze System abstgestürzt ist. Das Problem tauchte erstmals am 27. Mai auf und konnte auch in den Wochen danach nicht gelöst. Einzig probate Problemlösung scheint ein Gerätetausch zu sein.
Auch mehr als eine Woche nach dem ersten Auftreten der Terminalausfälle gibt es keine wirkliche Entwarnung. Zwar habe Verifone für das H5000 die Updates mittlerweile zur Verfügung gestellt, aber es geht wohl nicht um das reine Aufspielen eines Updates allein – die Geräte laufen ja nicht und jeder weiß vom eigenen PC: Wenn der nicht hochfährt kann ich keine Updates installieren. Dass es massive Probleme gibt, kann man wieder „zwischen den Zeilen“ lesen.
So wird der Anbieter Payone zitiert, der mit den Updates „Erste positive Ergebnisse“ erzielt habe. Allerdings scheitere eine großflächige Hilfsaktion auch an den dazu notwendigen Logistik-Ketten. Fakt ist „Erste positive Ergebnisse“ hört sich nicht nach einer schnellen Lösung für alle an.
Kompletter Systemabsturz
Wer weiter zwischen den Zeilen liest erfährt, dass das fehlende Update eigentlich gar nicht der Grund für die Ausfälle ist, vielmehr sind die betroffenen H5000-Kartenterminals schlichtweg abgestürzt. Da sie sich nicht reaktivieren lassen ohne einen voll umfänglichen Techniker-Einsatz, können die Nutzer die notwendigen Updates nicht einfach aufspielen. Offene Frage ist weiterhin, warum es zu den Abstürzen kam. Letztendlich kann eine Software auch nur auf äußere Umstände reagieren – es kann nicht „in sich“ Grund für das Vorliegen eines so gravierenden Problems wie das eines nicht möglichen Neustarts sein. Worum es sich bei diesem äußeren Anlass handelt ist noch unklar.
Austausch scheint die beste Option
Da, wo Kartenzahlung wieder möglich ist, handelt es sich offensichtlich um den Problemlöser „Austausch“. So waren die großen Ketten sowieso gezwungen, sich wegen der Support-Einstellung auf neue Geräte einzustellen. Vielerorts waren diese bereits angeschafft, aber noch nicht im Einsatz. Von der eigentlichen Problemlösung „Neustart und Aktualisierung der Software“ scheinen die damit befassten Unternehmen also noch weit entfernt. Man kann einen Schritt weiter gehen: Die Lösung Update ist eigentlich Lösung Nr. 2- würde man das allerdings so publizieren, würde das die Frage aufwerfen, warum seit 2019 so wenige Geräte ausgetauscht wurden
Schadensumfang und Verantwortlichkeiten noch unklar
Das HS5000 von Verifone war zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs an rund 350.000 Stellen bundesweit im Einsatz und damit das mit Abstand am häufigsten in Deutschland genutzte Kartenlesegerät – das spricht NICHT dafür, dass ein notwendiger Austausch aktiv von den Beteiligten vorangetrieben wurde.
Unter dem Strick ist das Kind dann doch mal in den Brunnen gefallen – zwangsläufig, denn wer 3 Jahre lang warnungen ignoriert und selbst die Ankündigung des Supportendes ignoriert, dem Fliegen die Sachen halt irgendwann um die Ohren. Das ist wie bei der Straßeninstandhaltung
Wer für die entstandenen Schäden verantwortlich gemacht werden kann ist aktuell noch unklar. Klar ist aber, dass es wohl Einnahmeausfälle bei den betroffenen Unternehmen geben wird. Dafür wird jemand gerade stehen müssen – entweder der Zahlungsdienstleister oder der Gerätehersteller, oder irgendwelche Strippenzieher, die für die aktuelle Entwicklung die Schalter bedient haben.