VW hat die Käufer im Abgasskandal vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet. Zu dieser Überzeugung ist das Landgericht Itzehoe in einem vom Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel geführtem Verfahren gekommen. Mit Urteil vom 21. Juni 2019 verurteilte das Gericht Volkswagen dazu, einen VW Golf Plus 1.6 TDI zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten (Az.: 3 O 328/18).
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Der Käufer muss sich zwar eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. „Diese wird zum Teil aber dadurch kompensiert, dass das Gericht eine hohe durchschnittliche Laufleistung von 300.000 Kilometern für den VW Golf zu Grunde gelegt hat. Das hat aus Sicht des Käufers positive Auswirkungen auf die Höhe des Nutzungsersatzes“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gasser. Außerdem hat das LG Itzehoe dem Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Klageerhebung zugesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Kläger hatte den VW Golf gebraucht gekauft. Wie sich herausstellte, war das Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen. Eine Manipulations-Software sorgte dafür, dass die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß im Prüfmodus zwar eingehalten, im realen Straßenverkehr aber überschritten wurden. Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete deshalb einen verpflichtenden Rückruf an.
Aufgrund der Abgasmanipulationen verlangte der Käufer im November 2018 die Rückabwicklung des Kaufvertrags und reichte im Januar 2019 eine entsprechende Klage ein.
Das LG Itzehoe entschied, dass der Kläger Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung habe. Durch die Abgasmanipulationen sei das Fahrzeug mangelhaft. Dies ergebe sich schon daraus, dass VW die EG-Typengenehmigung nach der Schadstoffklasse Euro 5 durch die Manipulationen erschlichen habe. Dadurch habe auch der Entzug der Zulassung für das Fahrzeug gedroht. Der Schaden für den Käufer liege schon im Abschluss eines Kaufvertrags über ein mangelhaftes Fahrzeug. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er von den Abgasmanipulationen gewusst hätte, führte das LG Itzehoe aus. Der Schaden des ungewollten Vertragsabschlusses lasse sich auch nicht durch die Installation des Software-Updates beseitigen.
Durch die Manipulation der Abgaswerte seien gesetzliche Umweltvorschriften ausgehebelt sowie Behörden und Kunden aus Gewinnstreben getäuscht worden. Dabei sei auch die Schädigung der Kunden billigend in Kauf genommen worden. Dieses Verhalten sei sittenwidrig, fand das LG Itzehoe deutliche Worte. Selbst wenn der VW-Vorstand keine Kenntnis von den Abgasmanipulationen gehabt haben sollte, müsse sich Volkswagen die schädigenden Handlungen der Mitarbeiter zurechnen lassen. Denn dann treffe den Vorstand ein gravierendes Organisationsverschulden.
„So wie das LG Itzehoe haben auch schon zahlreiche andere Gerichte entschieden und VW im Abgasskandal zu Schadensersatz verurteilt. Diese Rechtsprechung wurde zuletzt durch Urteile der Oberlandesgerichte Köln, Karlsruhe und Koblenz bestätigt. Es bestehen daher sehr gute Chancen, Schadensersatzansprüche gegen VW durchzusetzen. Forderungen können in der Regel noch bis Ende 2019 geltend gemacht werden“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.