Was darf Europa und welche Rechte haben seine Einzelstaaten. Diese Frage tritt nicht erst seit der Euro-Krise auf. Zuletzt beschÀftigte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Vereinbarkeit von Grundgesetz und dem EuropÀischen Rettungsfonds (ESM). Rechtsanwalt Ralph Sauer von der Kanzlei Himmelbach & Sauer in Lahr, erlÀutert die ZusammenhÀnge.
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Diese Woche hatte das Bundesverfassungsgericht erneut ĂŒber Fragen der europĂ€ischen Integration zu entscheiden. Wie funktioniert eigentlich rechtlich Deutschland innerhalb der EU? âDie europĂ€ische Union ist kein Staatenbund und schon gar kein eigenstĂ€ndiger Staat. Sie beruht einzig auf völkerrechtlichen VertrĂ€gen, aufgrund derer die Mitgliedsstaaten Teile ihrer staatlichen Hoheitsrechte auf die EU ĂŒbertragen habenâ, sagt Ralph Sauer, Experte fĂŒr Europarecht bei der Kanzlei Himmelsbach & Sauer.
Im Rahmen dieser VertrĂ€ge sind die Organe der EU, insbesondere der Rat und das EuropĂ€ischen Parlament, ermĂ€chtigt, Recht zu setzen, welches von den Mitgliedsstaaten zu beachten ist. Die EU verfĂŒgt daher einzig und allein ĂŒber die Kompetenzen, die ihr in den GrĂŒndungsvertrĂ€gen ĂŒbertragen wurden. Die VertrĂ€ge, welche der EU diese Hoheitsrechte einrĂ€umen, mĂŒssen auf nationaler Ebene durch ein Zustimmungsgesetz verabschiedet werden. Ohne diese Zustimmung treten die VertrĂ€ge nicht in Kraft, selbst dann nicht, wenn sie bereits von allen Vertretern der Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurden.
âGemÀà Art. 23 des Grundgesetzes bedĂŒrfen diese Zustimmungsgesetze einer Zweidrittelmehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat. Die HĂŒrde fĂŒr die Ăbertragung der Hoheitsrechte an die EU entspricht damit der fĂŒr Ănderungen des Grundgesetzesâ, so Ralph Sauer. Neben der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat mĂŒssen diese VertrĂ€ge mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vereinbar sein. Bei der Frage ĂŒber die Vereinbarkeit der VertrĂ€ge zur GrĂŒndung des EuropĂ€ischen Rettungsfonds ESM hatten die KlĂ€ger gerade hieran Zweifel. Sie hielten den Umfang der zu ĂŒbertragenden nationalen Rechte fĂŒr grundgesetzwidrig. Sie klagten daher. Immer dann, wenn Bundesgesetze auf deren VerfassungsgemĂ€Ăheit ĂŒberprĂŒft werden mĂŒssen, ist das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zustĂ€ndig. Und da die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zu den VertrĂ€gen ĂŒber den Rettungsfonds nichts anderes als ein Bundesgesetz ist, wurde das Karlsruher Gericht tĂ€tig.
In frĂŒheren Urteilen hat es bereits klargestellt, dass die Ăbertragung hoheitlicher Kompetenzen auf die EU grundsĂ€tzlich zulĂ€ssig sei, solange dem Deutschen Bundestag Aufgaben und Befugnisse von substantiellem Gewicht verbleiben. Die staatliche SouverĂ€nitĂ€t der Bundesrepublik darf also durch VertrĂ€ge mit der EU niemals gefĂ€hrdet werden. Genau dieser Grundsatz kommt auch in dem soeben entschiedenen Fall zum Ausdruck. Das Haushaltsrecht muss danach vom Bundestag ausgeĂŒbt werden. Der Euro Rettungsschirm kann nach dem Urteil des BVerfG, entgegen der zuvor vorgesehenen Form, nicht ohne Zustimmung des Bundestags die Haftungssumme fĂŒr Deutschland erhöhen. Bei jeder Erhöhung der Haftung ist das nicht ĂŒbertragbare Haushaltsrecht betroffen und der Bundestag muss erneut entscheiden.
Das BVerfG ĂŒbte daher seine Kontrollfunktion ĂŒber die Ăbertragung von Hoheitsrechte auf die EU aus. Deutschland ist und bleibt daher souverĂ€n, trotz seiner freiwilligen Einbindung in das Vertragswerk der EU. AuĂerdem: Gem. Art. 50 des EU Vertrags kann Deutschland sowie auch jedes andere Mitgliedsland aus der EU austreten. Kein Staat ist daher gezwungen sich auf Ewig an die europĂ€ischen VertrĂ€ge zu binden.
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Autor: Ralph Sauer, Rechtsanwalt