Das Recht wird sich wandeln in absehbarer Zeit. Es wird neue Definitionen, neue Gesetze und vor allem auch neue Rechtsgebiete geben – z.B. das Recht der „Künstlichen Intelligenz“. Warum? ich versuch’s zu erklären.
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Schuld ist ein maßgeblicher Aspekt funktionierender Gesellschaften. Schuld lädt auf sich, wer nicht richtig handelt, andere gefährdet oder schadet. Da Schuld ein unangenehmes Gefühl ist und in der Verfolgung durch die Organe der Gesellschaft auch mit schmerzvollen Konsequenzen beladen wird, ist die Vermeidung von Schuld ein Korrektiv, dass uns in der Gruppe funktionieren lässt. Sehr gut klappt das im Straßenverkehr: Wer meine Oma über den Haufen fährt und das mit voller Absicht oder zumindest grob fahrlässig oder ihren Tod billigend in Kauf nehmend, der kriegt eine Knolle, muss den Führerschein abgeben oder vielleicht sogar ins Gefängnis. Die Angst vor der Schuld sorgt dafür, dass wir uns im Straßenverkehr einigermaßen gesittet benehmen.
Das wird auch noch ein paar Jahre funktionieren – bis selbstfahrende Autos nicht nur das Lenkrad, sondern auch die komplette Verantwortung übernehmen. Da künstliche Intelligenz in der Lage sein wird, die meisten Unfälle zu vermeiden, die menschliche Schwächen und Verantwortungslosigkeit ausgelöst hätten, wird es die Diskussion um Schuld demnächst nicht mehr so oft geben – ebenso wenig wie heute die Diskussion, ob ich als Mitfahrer in einem Bus eine Mitschuld trage, wenn der Busfahren jemandes Oma über den Haufen fährt. Es ist mein Wille, der irgendetwas geschehen lässt – direkt oder über Umwege.
Aber: Kann ich die Verantwortung abgeben wenn das Auto nur für mich fährt? Eins bleibt : Das Auto, das am Ende des Tages eine Großmutter über den Haufen fahren wird, ist nur wegen mir unterwegs, ich gab den Auftrag, ich zahlte dafür und ich kannte das Risiko. Ohne mein Zutun wird niemand gefährdet! Es ist mein Wille, der irgendetwas geschehen lässt – direkt oder über Umwege.
Auch wenn selbstfahrende Autos zum 99 Prozent Unfälle vermeiden, wird es auf 99 vermiedene Unfälle immer noch einen wirklichen Unfall geben – die Oma wird über den Haufen gefahren und die Verwandten werden sich fragen: „Wer ist denn da schuld!?“ Wahrscheinlich zu einem großen Stück die Oma, die eigentlich hätte wissen müssen, dass sie sich über eine NoGo-Line auf die andere Straßenseite begeben wollte. Selbstfahrende Menschen würden die alte Dame sehen und bremsen. Dieser Roboter tut das unter Umständen nicht. Würde er es tun und wäre Vorsicht Teil des KI-Erbgutes, dann gäbe es ein völlig unübersichtliches Gebremse und Geschiebe, je nachdem, wie sensibel die Vorsichtssensoren des Systems ausgestattet sind. Es wäre also wie heute, nur dass keiner mehr schuld wäre, wenn trotzdem was passieren würde.
Wird es in Zukunft eine Vertretungshaftung für Roboter geben? Wird der nicht selbst lenkende Fahrzeugbesitzer weiter verantwortlich für das Auto sein, in dem er sitzt und das gelenkt wird? Es ist eine neue Dilemma-Frage, ob man überhaupt der KI das Ruder überlassen solltee. Sicher würden unter dem Schnitt eine Menge weniger Menschen überfahren, aber um die wenigen Betroffenen gäb es einen heftigen juristischen Streit.
Oder wird die Familie der überfahrenen Oma einfach erkennen müssen, dass das die Zeit für Künstliche Energie ist, in der so etwas passiert? Ein Opfer auf dem Altar des niemals stoppenden Wachstums und den grenzenlosen Entwicklungsmöglichkeiten der Technik?
Wie auch immer – ich erwarte den Fachanwaltslehrgang „Künstliche Intelligenz“ und die ersten Absolventen innerhalb der nächsten 10 Jahre.