Daimler muss im Abgasskandal eine weitere Niederlage vor dem Landgericht Stuttgart einstecken. Das LG Stuttgart entschied mit Urteil vom 10. Oktober 2019, dass Daimler bei einem Mercedes CLA 220 CDI eine unzulÀssige Abschalteinrichtung verwendet habe und deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist (Az.: 29 O 121/19).
Hier einen Rechtsanwalt zu diesem Thema finden
Verbraucherschutz.tv kooperiert deutschlandweit mit vielen kompetenten RechtsanwÀlten auch aus Ihrer Region. Sie sind Anwalt und möchten hier veröffentlichen? Bitte Mail an usch@talking-text.de
Der KlĂ€ger hatte im Dezember 2015 einen Mercedes CLA 220 CDI CoupĂ© mit der Abgasnorm Euro 6 gebraucht gekauft. In dem Fahrzeug ist der Motor des Typs OM 651 verbaut. Mehrere Mercedes-Modelle mit diesem Motor wurden bereits vom Kraftfahrt-Bundesamt wegen der Verwendung einer unzulĂ€ssigen Abschalteinrichtung zurĂŒckgerufen.
Auch der Mercedes CLA des KlĂ€gers hielt den zulĂ€ssigen Grenzwert beim Stickoxid-AusstoĂ von 80 mg/km nur auf dem PrĂŒfstand und nur unter Laborbedingungen bei AuĂentemperaturen zwischen 20 und 30 Grad ein. Im realen StraĂenverkehr stöĂt das Fahrzeug mehr gesundheitsschĂ€digende Stickoxide aus. Dies wird durch die Verwendung eines Thermofensters, das die Abgasreinigung in bestimmten Temperaturbereichen reduziert bzw. abschaltet, noch verstĂ€rkt. Der KlĂ€ger machte daher wegen der Verwendung einer unzulĂ€ssigen Abschalteinrichtung die RĂŒckabwicklung des Kaufvertrags geltend.
Seine Klage hatte vor dem LG Stuttgart Erfolg. Das Fahrzeug erfĂŒlle nicht die Voraussetzungen fĂŒr die EG-Typengenehmigung. Denn der Hersteller sei verpflichtet, die Fahrzeuge so auszurĂŒsten, dass die festgelegten Grenzwerte bei den Emissionen eingehalten werden. Zudem sei mittels technischer MaĂnahmen sicherzustellen, dass die Abgasgrenzwerte wĂ€hrend der gesamten normalen Lebensdauer des Fahrzeugs bei normalen Nutzungsbedingungen eingehalten und keine unzulĂ€ssigen Abschalteinrichtungen verwendet werden. Diesen Vorgaben habe das Fahrzeug nicht entsprochen.
Durch das Inverkehrbringen eines solchen Fahrzeugs habe Daimler den KlĂ€ger konkludent getĂ€uscht und vorsĂ€tzlich sittenwidrig geschĂ€digt. Der Schaden sei dem KlĂ€ger schon mit dem Abschluss des Kaufvertrags ĂŒber ein Fahrzeug, das nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht, entstanden. Der KlĂ€ger habe nicht das erhalten, was ihm aufgrund des Kaufvertrags zusteht â ein mangelfreies, den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Fahrzeug, so das LG Stuttgart.
Das Gericht kam zu der Auffassung, dass die Grenzwerte beim Stickoxid-AusstoĂ nur unter Laborbedingungen eingehalten werden, nicht jedoch bei AuĂentemperaturen unter 20 Grad. Eine Funktion, die schon bei AuĂentemperaturen unter 20 Grad die Abgasreinigung reduziert, könne nicht den Ausnahmetatbestand rechtfertigen. Zumal Daimler den Nachweis, dass dies aus MotorschutzgrĂŒnden notwendig sei, nicht erbracht habe, so das LG Stuttgart.
Daimler hĂ€tte klar sein mĂŒssen, dass ein Fahrzeug, das bereits bei der in Deutschland herrschenden Durchschnittstemperatur von 10,5 Grad nicht mehr in der Lage ist, den Grenzwert beim Stickoxid-AusstoĂ einzuhalten, offensichtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht und daher auch die Betriebserlaubnis fĂŒr das Fahrzeug entzogen werden könne, so das LG Stuttgart. Daimler mĂŒsse den Mercedes CLA des KlĂ€gers daher zurĂŒcknehmen und den Kaufpreis abzĂŒglich einer NutzungsentschĂ€digung erstattenâ, so das LG Stuttgart.
âDaimler ist nun zum wiederholten Mal wegen der Verwendung einer unzulĂ€ssigen Abschalteinrichtung zum Schadensersatz verurteilt worden. Die beanstandeten Thermofester werden in zahlreichen Mercedes-Modellen verwendet. Hinzu kommen noch die RĂŒckrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes fĂŒr diverse Mercedes-Modelle. Das zeigt, dass Daimler tief im Abgasskandal steckt. Die geschĂ€digten KĂ€ufer haben aber auch gute Aussichten, SchadensersatzansprĂŒche durchzusetzenâ, sagt Rechtswalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.