Der Begriff Compliance ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Begrifflichkeiten, die sich mit der Gesetzestreue und der Regelkonformität von Unternehmen befassen, Im modernen Wirtschaftsdeutsch versteht man unter Compliance das Management aller Einflüsse und Möglichkeiten, die ein Unternehmen vor Schadenersatzansprüchen, Rufschädigungen und allgemein schlechter Außenwirkung bewahren können – mithin grundsätzlich vor Problemen, die man vermeiden kann, wenn Moral, soziale Verantwortung und Gesetzestreue in der Unternehmensphilosophie fest verankert sind.
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Aktiengesellschaften verpflichten sich zur Compliance
Für DAX-Unternehmen ist der Deutsche Corporate Governance Kodex maßgeblich, hier werden internationale Standards für gute Unternehmensführung festgelegt und als Pflicht der Unternehmensleitung dokumentiert, Compliance-Vorschriften auch einzuhalten. Diese Standards sind bindendes Recht. Allerdings fordert § 161 des Aktiengesetzes, börsennotierte Unternehmen Entsprechenserklärung abgeben müssen. Dadurch verpflichten sich z.B. DAX-Unternehmen, aber auch andere Aktiengesellschaften, dass sie die Standards beachten und melden, falls ihnen das nicht gelingt.
Für Compliance haben die Vorstände von Unternehmen zu sorgen. Im Aktienrecht ist Compliance eine Verpflichtung der Verantwortlichen, die Einhaltung bindender Bestimmungen im Unternehmen zu überwachen und entsprechende Mechanismen zur Überprüfung einzusetzen. Da Compliance aber in vielerlei Hinsicht Unternehmenserfolge unterstützend begleiten, gehen immer mehr Unternehmen, auch mittelständische Betriebe, dazu über, Compliance ernst zu nehmen und konkret als Firmenwert zu verwalten. Gute Compliance sorgt nicht nur für guten Ruf, sie vermeidet auch Rechtsstreitigkeiten, Ordnungswidrigkeiten, Probleme mit Mitarbeitern und Zulieferern. Allerdings: was bedeutet es, wenn Compliance versagt? Welche Folgen hat ein Totalausfall und was können Vorstände tun, um ihrerseits Überwachungssysteme wie ein Compliance-Management zu überwachen?
Compliance macht ein Unternehmen nicht nur verlässlicher und moralisch integer, sondern auch profitabler. Was nicht geschützt und überwacht wird, ist mehr oder weniger schutzlos strafbaren Handlungen wie Korruption, Untreue, Bestechung oder Bestechlichkeit ausgeliefert. Dabei ist Compliance nicht unbedingt nur freiwillig: Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten werden von Vorständen erwartet, wenn diese sich nicht selbst strafbar machen können. Compliance erweitert den Aufgabenbereich der Verpflichtung um freiwillige Leistungen.
Compliance – Scheinbar wirkungslos gegen Korruption bei VONOVIA
Am Beispiel des DAX-Unternehmens VONOVIA wollen wir aufzeigen, dass man hier durchaus von einem Versagen unternehmerischer Compliance ausgehen kann.
Compliance sollte Unternehmen nicht nur in die Lage versetzten, Korruption zu verhindern, sondern im Schadensfall auch richtig zu reagieren. Man mag sich kaum vorstellen, dass die Compliance-Abteilung von Vonovia erst durch die Razzia vom Korruptionsverdacht erfahren haben soll. Kaum jemand kann sich vorstellen, dass es seitens des Vorstands keinen Verdacht gab, keine Hinweise, obwohl die Anschuldigungen so heftig ausfallen, dass Mitarbeiter vom Fleck weg verhaftet wurden.
Korruption in Form von manipulierten Auftragsvergaben ist im Wohnungsbaubereich ein seit Jahrzehnten bekanntes Problem. Compliance hätte das System regelmäßig scannen müssen. Solche Untersuchungen scheint es nicht gegeben zu haben, wenn doch, dann hatten sie nicht genügend Tiefgang. Die Compliance der größten Wohnungsbaugesellschaft Europas war offensichtlich über die vorhandene Korruption schlechter Informiert als der Staatsanwalt.
Im Compliance-Jahresbericht des Wohnungsbauers und -verwalters liest es sich so:
„Im Geschäftsjahr 2021 (Stand 11.10.2021) wurden 45 (2019: 103, 2020: 53) einzelne Korruptions- und Compliance-Verdachtsfälle in Deutschland gemeldet und sorgfältig untersucht. Dabei ist kein wesentlicher Compliance-Verstoß bekannt geworden. Die Schwere aller gemeldeten Fälle wurde als geringfügig eingestuft.“