Für die Berechnung der Betriebskosten, zu denen auch die Heizkosten zählen, ist die tatsächliche Wohnfläche und nicht die im Mietvertrag angegebene Wohnungsgröße entscheidend. Das hat der Bundesgerichtshof in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung mit Urteil vom 30. Mai 2018 entschieden (BGH VIII ZR 220/17).
Hier einen Rechtsanwalt zu diesem Thema finden
Verbraucherschutz.tv kooperiert deutschlandweit mit vielen kompetenten Rechtsanwälten auch aus Ihrer Region. Sie sind Anwalt und möchten hier veröffentlichen? Bitte Mail an usch@talking-text.de
„Bisher musste bei der Berechnung der Betriebskosten eine Abweichung der Wohnfläche erst dann berücksichtigt werden, wenn die Abweichung mehr als 10 Prozent der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche betrug. Von dieser Rechtsprechung ist der BGH nun abgerückt“, erklärt Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Partner der Kanzlei AJT in Neuss.
In dem zu Grunde liegenden Fall stritten Vermieterin und Mieter über die Heizkostenabrechnung. Im Mietvertrag war eine Wohnfläche von knapp 75 qm vereinbart worden, tatsächlich betrug die Wohnfläche etwas über 78 qm. Die Vermieterin legte bei der Abrechnung die tatsächliche, also die etwas größere Wohnfläche zu Grunde. Dies hielten die Mieter für unzulässig und behielten einen Betrag von der Miete ein. Die Vermieterin klagte daher auf Zahlung der restlichen Heizkosten. Wie schon in den Vorinstanzen hatte ihre Klage auch vor dem BGH Erfolg.
Der Vermieterin stehe der geltend gemachte Anspruch zu, da die tatsächliche Wohnfläche für die Abrechnung maßgebend sei, so der BGH. Allein der Umstand, dass nach den Vereinbarungen im Mietvertrag die tatsächlich verbrauchten Heizkosten jährlich abgerechnet werden sollen, erfordere die Zugrundelegung der tatsächlichen Wohnfläche. Anders als in Fällen der Mietminderung, in denen subjektive Betrachtungen der Parteien mit der Folge zu Grunde gelegt werden können, dass eine wesentliche Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit erst ab einer Abweichung von 10 Prozent zur tatsächlichen Wohnfläche anzunehmen sei, liege die Interessenlage bei der Heizkostenabrechnung ähnlich wie bei einer Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete. In diesen Fällen habe der BGH mit Entscheidung vom 18. November 2015 die tatsächliche Wohnungsgröße für maßgeblich gehalten (Az.: VIII ZR 266/14). Diese Rechtsprechung lasse sich auch auf die Heizkostenabrechnung übertragen, so der BGH. Denn die Mieter sollten nur insoweit mit Kosten belastet werden, als es ihrer tatsächlichen Wohnungsgröße entspricht. Auch wenn bei der Umlage der Betriebskosten eine absolute Verteilungsgerechtigkeit nicht zu erreichen sei, erfordere die Gesamtschau jedoch eine interessengerechte Verteilung nach objektiven Abrechnungsmaßstäben.
„Durch dieses Urteil hat sich der BGH von der Toleranzgrenze von zehn Prozent verabschiedet. Das kann allerdings zu neuen Problemen bei der Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche führen, die wiederum für rechtliche Streitigkeiten sorgen kann“, so Rechtsanwalt Schulte-Bromby.
Mehr Informationen: https://www.ajt-partner.de/mietrecht-wohnungseigentumsrecht