Wer Rechtsrat oder Rechtshilfe von einem Anwalt benötigt, aber nur ein geringes Einkommen bezieht, kann beim zuständigen Amtsgericht am Wohnsitz einen so genannten Beratungshilfeschein beantragen oder auch unmittelbar eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt seiner Wahl mit der Bitte um Beratungshilfe aufsuchen. Über den Schein rechnet der Anwalt bzw. die Anwältin die Gebühren für Rechtsberatung und andere Tätigkeiten dann direkt mit dem Gericht ab. Dabei ist eine Gebühr von zehn Euro zu zahlen, die der Anwalt/die Anwältin allerdings auch erlassen kann.
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Grundlage für den Beratungshilfeschein ist das Beratungshilfegesetz (BerHG). Anwendbar ist er in Angelegenheiten des Zivil- (auch: Arbeitsrecht), Verwaltungs-, Verfassungs- und des Sozialrechts. In Angelegenheiten des Straf- und des Ordnungswidrigkeitenrechts wird nur Beratung gewährt.
Durch die Beratungshilfe soll es Bürgern mit geringem Einkommen (oder auch Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II bzw. Sozialhilfe) ermöglicht werden, sich von Rechtsanwälten beraten und vertreten zu lassen. Die Beratungshilfe ist Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, also beispielsweise innerhalb eines oftmals vorgeschalteten Widerspruchsverfahrens im Sozialrecht und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung.
Sie wird für die meisten Rechtsgebiete und in den meisten Bundesländern gewährt:
Die wichtigsten Ausnahmen sind hier die Bundesländer Bremen und Hamburg. Hier wird Beratungshilfe durch spezielle Stellen am Amtsgericht gewährt. Außerdem gibt es im Steuerrecht keine Beratungshilfe.
Wird die Beratungshilfe durch den Rechtsanwalt gewährt, so hat der Rechtssuchende dem Rechtsanwalt eine Gebühr von 10 Euro zu zahlen, die dieser allerdings auch erlassen kann. Im Übrigen trägt die Kosten der Beratungshilfe das Land. Eine Vereinbarung über eine Vergütung im Bereich der Beratungshilfe wäre nichtig.
Die anwaltlichen Leistungen, für die der Schein gilt, umfassen neben der Beratung die Vertretung, den Schriftverkehr und die komplette außergerichtliche Regelung von Streitfällen.
Kein Anspruch auf Beratungshilfe besteht natürlich, wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die Sie in Anspruch nehmen können oder im Sozial- oder Arbeitsrecht Mitglied einer Organisation sind, die Ihre Mitglieder selbst vertritt, z.B. einer Gewerkschaft.
Wer erhält Beratungshilfe?
a)Rechtsproblem
„Beratungshilfe erhält, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die für eine Beratung oder Vertretung erforderlichen Mittel nicht aufbringen kann und keine anderen zumutbaren Möglichkeiten für eine Hilfe hat. Die beabsichtigte Wahrnehmung seiner Rechte darf nicht mutwillig sein.“
So steht es im amtlichen Hinweis zum Vordruck.
Im Sozialrecht bedeutet dies beispielsweise, dass eine abschließende Verwaltungsentscheidung der Behörde vorliegen muss. Die Behörde muss also bereits einen Bescheid erlassen haben. Dann muss sich der ratsuchende Bürger nicht mehr an die Behörde wenden, um nachzufragen, ob die Entscheidung der Behörde auch richtig ist, sondern er darf, wenn er berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung hat, anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Etwas anderes gilt, wenn die Behörde lediglich eine Anhörung erlassen hat und beabsichtigt, einen Bescheid zu erlassen, indem beispielsweise zu viel gezahlte Sozialleistungen zurückgefordert werden.
Immer dann, wenn die Entscheidung der Behörde noch nicht abschließend ist und im Falle des Obsiegens keine Kostenerstattungsmöglichkeit durch die Gegenseite besteht, so sagt das Bundesverfassungsgericht, wendet sich auch ein bemittelter Bürger noch nicht an einen Anwalt, um sich beraten und vertreten zu lassen.
Wann das der Fall ist entscheidet im Zweifelsfall der Rechtspfleger des Amtsgerichts.
Deshalb gilt: Besser vorher beantragen!
Der Beratungshilfeschein sollte beantragt werden, bevor ein Anwalt tätig wird. Wenn Sie sich wegen Beratungshilfe unmittelbar an einen Rechtsanwalt wenden, kann der Antrag auch nachträglich über den Anwalt gestellt werden. Wird der Antrag beim Amtsgericht dann allerdings abgelehnt, kommt es in der Praxis meist dazu, dass Sie selbst die Anwaltskosten tragen müssen!
An dieser Stelle müssen wir als Anwälte auch anmerken, dass in den allermeisten Kanzleien zu Beratungshilfebedingungen noch nicht einmal kostendeckend gearbeitet werden kann. Als Anwälte verdienen wir an Beratungshilfemandaten erst dann, wenn wir die Rechtsstreitigkeiten gewinnen und die Gegenseite zur vollständigen Zahlung der gesetzlichen Gebühren verpflichtet ist.
Auch wenn prinzipiell Rechtsanwälte verpflichtet sind, Beratungshilfemandate zu übernehmen, so darf im Einzelfall ein entsprechendes Beratungshilfemandat aus wichtigem Grund abgelehnt werden.
b)finanzielle Voraussetzungen
Wer Anspruch auf ALG II, Sozialhilfe oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hat, erfüllt in den meisten Fällen die Voraussetzungen zum Bezug von Beratungshilfe. Sie müssen den Bezug nachweisen, mit aktuellen Belegen der Arbeitsagentur oder des Sozialamtes.
Es gelten aber oftmals andere Vermögensfreibeträge, so dass der Rechtssuchende seinen Kontostand und seine Vermögensgegenstände wie z.B. PKW darlegen muss.
In den übrigen Fällen legen Sie dem Mitarbeiter der Rechtsantragsstelle Ihre Unterlagen über Einnahmen und Ausgaben vor (z. B. die Kontoauszüge und Einkommensnachweise der letzten drei Monate, den Mietvertrag, den Nachweis der Unterhaltspflicht von Angehörigen). Die individuell zulässige Einkommensgrenze ergibt sich hier anhand einer umfangreicheren Berechnung. Dabei darf der Einkommensbetrag, der dem Antragsteller nach Abzug von Wohnungsmiete, Unterhaltszahlungen etc. verbleibt, nicht über ALG II oder Sozialhilfe liegen.
Vermeiden Sie hier die entsprechenden Rechner im Internet und fragen Sie an der Rechtsauskunftsstelle nach, denn nur dort bekommen Sie die rechtsverbindliche Auskunft!
Auch ist man verpflichtet, Ihnen dort beim Ausfüllen des Beratungshilfeformulars zu helfen!
Beratungshilfeschein ist nicht gleich Prozesskostenhilfe
Die Beratungshilfe ist nicht mit der Prozesskostenhilfe nach § 114 ff ZPO zu verwechseln. Über die Prozesskostenhilfe können die Kosten für das Gericht und den eigenen Anwalt für einen Gerichtsprozess ganz oder teilweise übernommen werden. Beratungshilfe gibt es, wenn es um die oben genannten außergerichtlichen Rechtsthemen geht. Gleich sind bei der Beratungshilfe und der Prozesskostenhilfe allerdings die persönlichen Voraussetzungen bei den Vermögens- und Einkommensverhältnissen. Die Vorschriften des § 114 ff ZPO gelten nämlich gleichermaßen für die Beratungshilfe.
Wir danken www.ra-ebener-siebold.de für diese Informationen – verbunden mut dem Hinweis: Die Kanzlei ist spezialisiert auf Sozialrecht und Arbeitsrecht und übernimmt keine Mandate von Abofallen- oder Abzockeopfern.