Als Meilenstein der Rechtsgeschichte kann ein jüngst vom Bundesgerichtshof gefälltes Urteil bewertet werden, denn es beendet einen seit 110 Jahren währenden Streit zwischen Banken und Kapitalanlegern. Schon 1904 hatte sich das Leipziger Reichsgericht mit der Frage befassen müssen, ob Anleger über Provisionen bei der Vermittlung einer Kapitalanlage aufgeklärt werden müssen.
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Der Bundesgerichthof hat das Thema nun beendet und erklärt: Ab dem 1. August 2014 müssen Banken und Vermittler über Empfang versteckter Innenprovisionen grundsätzlich aufklären. Das Urteil fordert eine umfassende Aufklärungspflicht – unabhängig von der Art, der Höhe oder sonstigen Rahmenbedingungen, die in der Vergangenheit immer gern als Hintertürchen genutzt wurden, um Kunden die Kapitalanlage deutlich zu verteuern und die eigene Rendite zu erhöhen. Für Rechtsanwalt Andreas Tilp, Spezialist für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Kirchentellinsfurt, ist das Urteil mit dem Aktenzeichen XI ZR 147/12 „historisch, weil es festlegt, dass ab dem 1. August alle Innenprovisionen offen gelegt werden müssen und zwar von Banken ebenso wie von freien Vermittlern“.
Der BGH hat nach Tilps Einschätzung „den Sack zugemacht!“ und zumindest für zukünftige Geschäfte klare Regeln geschaffen. Rechtsanwalt Tilp selbst hat die Rechtsprechung im Bereich der so genannten „KickBacks“ maßgeblich mitgeprägt und ist verantwortlich für die wegweisenden Urteile des Bundesgerichtshofes aus 2006 und 2009. Die letzte Lücke ist nun geschlossen: Bislang waren Gerichte davon ausgegangen, das Innenprovisionen vom Berater und Vermittler nur zwingend angezeigt werden müssten, die mehr als 15 % der Anlagesumme betragen. Ab 1. August 2014 gilt diese Regel für jede Summe und für alle Arten von Zuwendungen/Provisionen.
Ironie des Schicksals: Vor dem BGH war es diesmal bei weitem nicht um „Peanuts“ gegangen: Die Bank des Klägers hatte für die Vermittlung eines Grundstücksverkaufes über eine Million Innenprovision eingestrichen, ohne den späteren Kläger über diese Summe aufgeklärt zu haben.