Bei einer Aufklärung vor Operation muss der Patient über Folgen und Risiken der OP sowie über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden, bevor er in den Eingriff einwilligt. Findet dieses Aufklärungsgespräch mehr als sechs Monate vor der OP statt, stellt dies aber auch unabhängig vom Inhalt des Gesprächs keine ausreichende Aufklärung des Patienten dar. Das hat das OLG Dresden mit Urteil vom 15.11.2016 entschieden (Az.: 4 U 507/16) und sprach der Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro zzgl. Zinsen und den Ersatz weiterer materieller Schäden, die aus der OP entstanden sind oder noch entstehen werden, zu.
Hier einen Rechtsanwalt zu diesem Thema finden
Verbraucherschutz.tv kooperiert deutschlandweit mit vielen kompetenten Rechtsanwälten auch aus Ihrer Region. Sie sind Anwalt und möchten hier veröffentlichen? Bitte Mail an usch@talking-text.de
Die Klägerin hatte sich bereits 2001 eine Talusfraktur zugezogen, die konservativ behandelt wurde und nicht richtig verheilt war. Im Juli 2008 diagnostizierte der beklagte Arzt eine schwere Arthrose und empfahl eine operative Versteifung des betroffenen unteren Sprunggelenks. Der Eingriff wurde im Februar 2009 durch den Beklagten durchgeführt. Einen Tag vor der OP unterzeichnete die Patientin die Einverständniserklärung.
Doch auch nach dem Eingriff klagte die Frau weiter über starke Schmerzen. Ein anderer Arzt hatte ihr 2010 deshalb eine erneute OP empfohlen bei der auch das obere Sprunggelenk versteift werden sollte. Dies sei bei dem ersten Eingriff versäumt worden. Die Frau klagte daher wegen Behandlungsfehlern und unzureichender Aufklärung auf Schmerzensgeld.
Die Behandlungsfehler konnten nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgewiesen werden. Die Operation sei indiziert gewesen und der Eingriff korrekt durchgeführt worden, so das OLG Dresden. Dennoch stehe der Klägerin Schmerzensgeld zu. Denn sie sei nicht ordnungsgemäß über die Risiken der OP aufgeklärt worden.
Aufklärung vor Operation muss zeitnah erfolgen
Schon der große zeitliche Abstand von mehr als sechs Monaten zwischen dem Orientierungsgespräch und der Operation stelle keine ordnungsgemäße Aufklärung dar, entschied das OLG. Bei so einer Zeitspanne sei nicht davon auszugehen, dass dem Patienten die Vor- und Nachteile sowie die Risiken des Eingriffs noch gegenwärtig sind. Außerdem konnte eine ausreichende Aufklärung bei dem Erstgespräch auch nicht nachgewiesen werden. An den Beweis der geschuldeten Aufklärung dürften zwar keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die von der Klägerin unterzeichnete Einverständniserklärung biete allerdings keinen tauglichen Hinweis auf eine ausreichende Aufklärung, da hier nur ganz allgemeine OP-Risiken aufgeführt wurden aber kein Bezug zu dem konkreten Eingriff genommen wurde. Dadurch habe der Patient keine Vorstellung von den mit der OP verbundenen Risiken.
Die Klägerin habe plausibel dargelegt, dass sie bei einer Aufklärung über die Risiken der Operation und der Kenntnis, dass lediglich in 50 Prozent der Fälle eine nachhaltige Besserung eintritt, der OP nicht zugestimmt hätte. Die Schädigung der Klägerin liege daher schon darin, dass sie überhaupt operiert wurde mit allen daraus resultierenden körperlichen Einschränkungen. Daher habe sie einen Anspruch auf Schmerzensgeld, fasste das OLG zusammen.
„Ärzte sollten nicht nur bei der Durchführung der Operation, sondern auf bei der vorherigen Aufklärung des Patienten größtmögliche Sorgfalt walten lassen. Ist die Aufklärung nicht ordnungsgemäß erfolgt oder wie in diesem Fall nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Operation können ggf. Ansprüche auf Schmerzensgeld geltend gemacht werden, obgleich der Eingriff an sich lege artis erfolgt ist.“, sagt Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby, Partner der Kanzlei AJT und dort auch Ansprechpartner für Medizinrecht.
Hier mehr zum Thema Aufklärung vor Operation bei Verbraucherschutz.tv lesen