Der Wechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung kann finanziell ungünstig sein.
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Eine private Krankenversicherung bietet viele Vorteile. Die Zusatzleistungen können je nach gewähltem Tarif durchaus überzeugen, aber auch im Bereich der privaten Krankenversicherer gibt es große Unterschiede. Hier ist ausführliches Vergleichen angesagt, denn die oft recht hohen monatlichen Kosten sollten an Leistungen geknüpft sein, die den Versicherten rundum gut absichern.
Versicherte in der privaten Krankenversicherung bleiben ihrem Anbieter meist langfristig treu. Die Wechselfreude im Bereich der privaten Krankenversicherungen ist weitaus verhaltener als bei gesetzlichen Modellen. Der Grund dafür sind die teils eher unübersichtlichen Tarifoptionen und der Kapitalverlust, der mit einem Wechsel zum neuen Versicherer einhergehen kann. Viele Versicherte scheuen den Wechsel, weil sie sich diese Herkulesaufgabe schlicht nicht zutrauen.
Wir haben einmal genau geprüft, auf welche gesetzlichen Vorschriften und Verbraucherschutz-Richtlinien es beim Wechsel der privaten Krankenversicherung ankommt und ein paar Tipps zusammengestellt, die Ihnen helfen können, diese Hürde zu Ihrem eigenen Vorteil zu überwinden.
Wann lohnt sich der Wechsel zu einem anderen privaten Anbieter?
Versicherte in privaten Krankenversicherungen wechseln ihren Anbieter nicht nur deshalb so selten, weil die Wahl des richtigen Nachfolgers gar nicht so einfach ist, sondern auch, weil ein Wechsel nur in begrenzten Fällen tatsächlich sinnvoll ist. Da private Anbieter auf dem freien Markt arbeiten und ihre Kosten jedes Jahr neu kalkulieren müssen, können die Beiträge für die private Krankenversicherung je nach Tarif jährlich stark schwanken, häufig eher noch oben als nach unten. Ein prüfender Blick auf den aktuellen Vertrag lohnt sich deshalb immer. Aber wann ist auch der Wechsel tatsächlich ratsam?
Vor allem jüngere Versicherte haben gute Chancen, bei einem Wechsel zu einem anderen privaten Anbieter tatsächlich Geld zu sparen. Die private Krankenversicherung orientiert ihre Beiträge nämlich stark am Alter der versicherten Person und auch am Gesundheitszustand. Liegen Vorerkrankungen vor, fällt der Versicherungsbeitrag beispielsweise in der Regel höher aus. Jüngere Menschen steigen deutlich kostengünstiger in einen neuen Tarif ein als ältere, da die Wahrscheinlichkeit von Vorerkrankungen oder ungünstigen gesundheitlichen Prognosen in jüngeren Jahren erfahrungsgemäß geringer ist. Gleiches gilt für Versicherungsverträge, die schon seit vielen Jahren laufen. Wer schon lange an einen privaten Anbieter gebunden ist, kommt beim Wechsel zu einem neuen Versicherungspartner oft merklich teurer weg. Verträge, die erst vor kurzem abgeschlossen wurden, lassen sich dagegen häufiger mit einer Kosteneinsparung wechseln.
Grundsätzlich muss jeder Versicherte vor dem Vertragsabschluss mit der privaten Krankenversicherung eine Gesundheitsprüfung ablegen. Das gilt auch für den Wechsel von einem privaten Anbieter zum anderen. Mit jeder Gesundheitsprüfung steigt das Risiko, durch neue Erkrankungen oder eine Veränderung des grundsätzlichen Gesundheitszustandes schlechter eingestuft zu werden als beim bisherigen Versicherer.
Der Knackpunkt beim Versicherungswechsel: Die Altersrückstellungen
Das Thema Altersrückstellungen ist der entscheidende Faktor beim Wechsel zwischen privaten Versicherern. Die Altersrückstellungen sind ein Finanzkonzept, das der Risikosteigerung und der damit verbundenen Steigerung der Gesundheitskosten im Alter Rechnung trägt. Grundsätzlich würden junge Menschen in der privaten Krankenversicherung vergleichsweise niedrige Beiträge leisten, die mit zunehmendem Alter aber nahezu explosionsartig ansteigen. Um den Kostenanstieg zu verringern und trotzdem das Risiko der steigenden Gesundheitskosten im Alter abzusichern, haben private Versicherer die so genannten Altersrückstellungen eingeführt. Dadurch leisten schon junge Versicherte einen höheren Beitrag und sparen so für das Alter an.
So werden die Altersrückstellungen der privaten Versicherer berechnet:
„Zu unterscheiden ist zwischen gesetzlicher und freiwilliger Altersrückstellung.
Die erstere beträgt 10 % des reinen Krankenversicherungsbeitrags. Der Zuschlag wurde mit der Gesundheitsreform 2000 eingeführt und ist ab dem 22. Lebensjahr bis zur Vollendung des 61. Lebensjahres zu leisten. Von der Versicherung darf dieser ausschließlich dazu verwendet werden, die Beiträge im Rentenalter (ab dem 65. Lebensjahr) zu reduzieren.
Der freiwillige Anteil hängt vom Geschlecht, Alter sowie Tarif des Versicherten ab. Auch das Leistungsprofil bestimmt die Höhe der Altersrückstellungen mit. Höhere Rückstellungen sind dann zu erwarten, wenn angesichts eines großen Leistungsumfangs von mehr Zahlungsverpflichtungen im Alter auszugehen ist.“
(Quelle: www.krankenkasse-vergleich.de)
Bis vor einigen Jahren mussten privat Versicherte sich noch zähneknirschend damit abfinden, dass ihre bereits aufgebauten Altersrückstellungen beim Wechsel verloren waren und beim neuen Anbieter durch einen teureren Tarif wieder aufgebaut werden mussten. Nicht selten waren die Altersrückstellungen deshalb das größte Hindernis für den Wechsel der privaten Krankenversicherung. Durch eine neue Regelung hat der Gesetzgeber jetzt die Position der Verbraucher gestärkt und den Verlust der Altersrückstellungen beim Versicherungswechsel abgemildert.
Warum Altersrückstellungen jetzt nicht mehr gänzlich verloren gehen
Am 1. Januar 2009 hat der Gesetzgeber eine Regelung in Kraft gesetzt, die es Versicherten ermöglicht, ihre Altersrückstellungen beim Wechsel zu einem anderen privaten Versicherer übertragen zu lassen. Die Möglichkeit zur Mitnahme geleisteter Altersrückstellungen gilt vor allem für Verträge, die ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurden. Unter bgbl.de kann das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz im vollständigen Wortlaut eingesehen werden.
Die Übertragung von Altersrückstellungen ist unter folgenden Voraussetzungen möglich:
Vollständige Mitnahme der geleisteten Zahlungen…
– wenn der Versicherungsvertrag ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und der Versicherte innerhalb derselben Versicherungsgesellschaft in einen anderen Tarif wechselt, sofern es sich um einen Wechsel in den Basistarif oder in einen anderen Tarif mit vergleichbarem Versicherungsschutz handelt.
– wenn der Versicherungsvertrag ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und der Versicherte in den Basistarif einer anderen Versicherungsgesellschaft wechselt.
– wenn der Versicherungsvertrag vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und der Versicherte mindestens 55 Jahre alt und finanziell hilfebedürftig ist oder Rente oder Beamtenpension bezieht. In diesem Fall werden die geleisteten Altersrückstellungen beim Wechsel in den Basistarif des bisherigen Anbieters vollständig übertragen.
Anteilige Mitnahme der geleisteten Zahlungen…
– wenn der Versicherte zu einer anderen Versicherungsgesellschaft wechselt und dort nicht den Basistarif wählt, sondern ein anderes Tarifmodell, das die Leistungen des Basistarifs überschreitet.
Grundsätzlich gilt: Möchte der Versicherungsnehmer zu einer anderen Gesellschaft wechseln und dort nicht den Basistarif wählen, so darf der Versicherer den Antrag ablehnen. Akzeptiert der neue Versicherer den Wechsel, ist er nur verpflichtet, die Altersrückstellungen auf Berechnungsgrundlage des Basistarifes zu übertragen. Es kann also sein, dass der Versicherte hier einen nicht unerheblichen Teil seiner bereits geleisteten Zahlungen verliert. Vor dem Wechsel sollte deshalb genau geprüft werden, in welcher Höhe die Altersrückstellungen vom neuen Versicherer auf den neuen Vertrag angerechnet werden. Grundsätzlich sind Versicherer seit 2013 gesetzlich verpflichtet, ihren Versicherten den Übertragungswert der einzelnen Verträge jedes Jahr aktuell mitzuteilen. So haben Versicherte zumindest einen Richtwert, an dem sie sich bei einem Wechselwunsch orientieren können.
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