Abgasskandal – Vergleich im VW-Musterfeststellungsverfahren gescheitert

Ein Vergleich im VW-Musterfeststellungsverfahren ist vorerst geplatzt. VW und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) geben sich dafĂŒr gegenseitig die Schuld.

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Offenbar waren sich beide Seiten schon so gut wie einig. Nach Medienberichten hat VW rund 830 Millionen Euro fĂŒr die KlĂ€ger, die sich an dem Musterverfahren beteiligen, geboten. Pro Kopf wĂ€ren das etwa 2000 Euro gewesen. Der Vergleich soll schon fast in trockenen TĂŒchern gewesen sein, um dann quasi in letzter Sekunde doch noch zu platzen.

VW begrĂŒndet das Scheitern mit zu hohen Honorarforderungen fĂŒr die AnwĂ€lte der Verbraucherzentrale. Die pauschale Forderung soll 50 Millionen Euro fĂŒr die Abwicklung des Vergleichs betragen haben. Allerdings sei nicht nĂ€her begrĂŒndet worden fĂŒr welche konkreten Leistungen diese Summe fließen sollte.

Der vzbv weist diese Darstellung zurĂŒck und schiebt den schwarzen Peter VW zu. Die Vergleichsverhandlungen seien gescheitert, weil VW kein transparentes, vertrauenswĂŒrdiges und fĂŒr die Verbraucher sicheres System zur Abwicklung vorgelegt habe. Eine sichere Lösung fĂŒr den Verbraucher sei fĂŒr den vzbv aber angesichts des Dieselbetrugs von hoher Bedeutung gewesen. „Ein Vergleich, der nicht zuverlĂ€ssig ist oder fĂŒr die Verbraucher nicht kalkulierbare Folgen hat, ist fĂŒr uns in keinster Weise tragbar“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverband Verbraucherzentrale vom 14. Februar 2020.

Auch wenn die Vergleichsverhandlungen gescheitert sind, will VW den KlĂ€gern offenbar weiter eine EntschĂ€digung in Höhe von 830 Millionen Euro anbieten – auch ohne Vergleich mit der Verbraucherzentrale. Im Durchschnitt macht das rund 2000 Euro fĂŒr einen KlĂ€ger im Musterverfahren. Komkret soll die EntschĂ€digung je nach Fahrzeug zwischen rund 1350 und 6200 Euro liegen.

Ob dies fĂŒr den geschĂ€digten Verbraucher ein akzeptables Angebot ist, hĂ€ngt auch vom Einzelfall, vom Fahrzeug, vom Alter und von der Laufleistung ab. AuffĂ€llig ist jedoch, dass es VW auf einmal mit einem Vergleich sehr eilig hat, meinen die Kooperations-AnwĂ€lte der IG Dieselskandal.

Das könnte damit zusammenhĂ€ngen, dass fĂŒr den 5. Mai eine Verhandlung im Abgasskandal vor dem BGH terminiert ist. Eine Entscheidung des BGH könnte fĂŒr VW noch teurer werden, wenn die Karlsruher Richter z.B. entscheiden sollten, dass der Autohersteller keinen Anspruch auf eine NutzungsentschĂ€digung hat.

Zum Thema hier ein Kommentar von Udo Schmallenberg, Moderator und Initiator der IG Dieselskandal:

Was VW sich gerade mit der Absage an weitere Vergleichsverhandlungen im Musterverfahren leistet, ist an Verbraucherfeindlichkeit nicht mehr zu ĂŒberbieten. VW torpediert ein eigens zur Streitschlichtung in MassenschadensfĂ€llen eingefĂŒhrtes juristisches Werkzeug und zieht das eigene Ding durch.

Was ist passiert? Die eigentlich schon abgeschlossenen Vergleichsverhandlungen wurden im letzten Moment von den Volkswagen-AnwĂ€lten abgebrochen mit dem Hinweis, dass die Honorarforderungen der AnwĂ€lte der Verbraucherzentrale mit 50 Millionen Euro zu hoch seien.Das mag man so oder so sehen: Die Summe, die VW den eigenen AnwĂ€lten bislang gezahlt hat, ist um ein vielfaches höher.Das eigentliche Thema ist: VW hakt das Instrumentarium des Musterfeststellungsverfahrens aus, indem nun vergleichswilligen Opfern ein eigenes Angebot gemacht wird. VW holt möglichst viele Teilnehmer mit kleinem Geld aus der Klage und minimiert damit das Risiko, den Prozess abschließend doch noch zu verlieren.Nehmen Betroffene dies an, dann gilt das abschließende Urteil fĂŒr sie nicht mehr. Die Rede ist von rund 2000 Euro Schadensersatz, den VW offensichtlich zahlen will, ohne dass das Auto abgegeben werden muss. FĂŒr viele VW-GeschĂ€digte ist das attraktiv, vor allem bei Autos mit hohen Laufleistungen oder Autos mit UnfallschĂ€den.

Die Zahl der Teilnehmer der Musterfeststellungsverfahren wird sich also deutlich verkleinern auch mit dem Ergebnis, dass am Ende fĂŒr die AnwĂ€lte der Klage vielleicht recht wenig Honorar ĂŒbrig bleibt. Dies dĂŒrfte dann eine deutliche Ansage an die juristischen Betreuer zukĂŒnftiger Verfahren sein. Die mĂŒssen nĂ€mlich genau ĂŒberlegen, ob sich die Vertretung eines MusterklĂ€gers ĂŒberhaupt lohnt.

Rein praktisch: VW wird die zur VerfĂŒgung stehenden Millionen nun teilweise auszahlen und muss sich vor dem Ergebnis des Musterverfahrens nicht mehr allzu sehr fĂŒrchten, da wesentlich weniger GeschĂ€digte hier im Rennen bleiben.

Unsere Empfehlung: Gehen Sie auf das Angebot nicht voreilig ein, außer Sie brauchen akut Geld. Wer das Geld annimmt spielt das perfide Spielchen von Volkswagen mit und das dient nun mal nicht dem Verbraucherschutz.

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