Schadensersatzansprüche im Abgasskandal können auch durchgesetzt werden, wenn das von Abgasmanipulationen betroffene Fahrzeug nicht gekauft, sondern geleast wurde. Das hat das OLG Hamm mit Urteil vom 10. Dezember 2019 entschieden (Az.: 13 U 86/18).
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Der Kläger hatte in dem zu Grunde liegenden Fall einen Audi Q5 2,0 Liter mit dem Dieselmotor EA 189 geleast und eine Kaufoption am Ende der Laufzeit vereinbart. Wie sich später zeigte, wurden bei diesem Motor die Abgaswerte manipuliert. Der Leasingnehmer machte daher Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG geltend. Das Landgericht Münster wies die Klage in erster Instanz ab. Das begründete das Gericht u.a. damit, dass keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass die VW-Verantwortlichen die Schädigung eines Leasingnehmers für möglich gehalten und in Kauf genommen hätten.
Der 13. Zivilsenat des OLG Hamm sah das jedoch anders und sprach dem Kläger im Berufungsverfahren Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu.
VW habe den Motor des Typs EA 189 mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht. Dabei habe der Autohersteller auch in Kauf genommen, dass der Kläger einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug abschließt, den er bei Kenntnis der Abgasmanipulationen nicht abgeschlossen hätte. Der Leasingvertrag habe nicht den berechtigten Erwartungen des Klägers entsprochen. Zudem sei das Fahrzeug aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht voll nutzbar gewesen, da der Verlust der Zulassung gedroht habe, so das OLG Hamm. VW habe sich die Betriebszulassung aus Profitstreben erschlichen und Kunden und Behörden getäuscht.
Der Kläger habe einen Anspruch auf Schadensersatz. Er könne verlangen so gestellt zu werden, als ob er den Leasingvertrag nicht abgeschlossen hätte. Er könne die Rückzahlung seiner Anzahlung und der geleisteten Leasingraten sowie die Erstattung der Gebühr für die Nichtausübung seiner Kaufoption verlangen, so das OLG Hamm. Für die gefahrenen Kilometer müsse er sich allerdings eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, entschied der Senat, der die Revision zum BGH zugelassen hat.
„Das Urteil des OLG Hamm zeigt deutlich, dass auch durch den Abgasskandal geschädigte Leasingnehmer gute Chancen haben, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Das gilt nicht nur für Fahrzeuge mit dem kleineren Motor des Typs EA 189, sondern auch für Fahrzeuge mit dem größeren Dieselmotoren des Typs EA 897 bzw. EA 898, die von Abgasmanipulationen betroffen sind oder Modelle mit dem Nachfolgemotor EA 288“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.