Abgasskandal – bei VW und BMW ist die Einzelklage zielführender

Politik und Autohersteller konnten sich beim letzten Dieselgipfel wieder nur auf halbherzige Lösungen einigen. VW und Mercedes machten immerhin Zugeständnisse, sich finanziell an Hardware-Nachrüstungen beteiligen zu wollen, BMW lehnt solche Nachrüstungen weiter ab, und möchte lieber mit Prämien bei einem Neukauf locken.

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Unterdessen rücken Fahrverbote näher, wie beispielsweise in Köln, Bonn, Stuttgart, Berlin und Essen.

„Es gibt keine einheitliche und vor allem keine verlässliche Linie für Dieselfahrer. Für weitere Städten werden Fahrverbote angekündigt, seit neuestem sogar auf einem Abschnitt der Autobahn A 40 bei Essen. Dadurch drohen zudem weitere Wertverluste am Gebrauchtwagenmarkt“, kritisiert Rechtsanwalt Michael Staudenmayer. Ein weiteres Problem ist, dass die Hardware-Nachrüstungen erst 2020 möglich sein sollen. „Für vom VW-Abgasskandal betroffene Dieselfahrer kommt das zu spät. Wie zahlreiche Gerichtsurteile inzwischen zeigen, haben sie andererseits gute Chancen, Schadensersatzansprüche gegen VW durchsetzen zu können. Die Forderungen müssen aber bis Ende 2018 geltend gemacht werden, da sie ansonsten verjähren“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

Immerhin können sich Geschädigte des VW-Abgasskandals an einer Art Sammelklage beteiligen. Um sich der Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands mit dem ADAC gegen VW anzuschließen, müssen sie sich in ein Register eintragen. Das ist ab dem 15. November möglich. „Die Musterklage ist im Vergleich zur Einzelklage allerdings hauptsächlich denjenigen zu empfehlen, die über keine Rechtsschutzversicherung verfügen und das Prozesskostenrisiko scheuen“, erklärt Rechtsanwalt Staudenmayer. Zwingende Voraussetzung für die Musterklage ist, dass es sich um ein Fahrzeug der Marken VW, Audi, Seat oder Skoda mit dem Motortyp EA 189 (Vierzylinder, Hubraum 1,2, 1,6 oder 2,0 Liter) handelt, und ein Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet wurde.

Wer sich der Musterklage anschließt, trägt zwar kein Prozesskostenrisiko und die Verjährung seiner Ansprüche ist zunächst gehemmt. „Ansonsten bringt die Musterklage eine Reihe von Nachteilen gegenüber der Einzelklage mit“, sagt Rechtsanwalt Staudenmayer. Denn zunächst wird durch die Musterklage im Obsiegensfall nur festgestellt, dass VW sich aufgrund der Abgasmanipulationen schadensersatzpflichtig gemacht hat. Der individuelle Schadensersatzanspruch muss aber anschließend immer noch einzeln in einem Folgeverfahren eingeklagt werden. Das kann zu einer langen Verfahrensdauer führen, da beide Parteien die Möglichkeit haben, gegen die Entscheidung im Musterverfahren Rechtsmittel einzulegen. „Bis irgendwann tatsächlich mal Geld fließt, können einige Jahre ins Land gehen“, erklärt Rechtsanwalt Staudenmayer.

Darüber hinaus ist das Urteil im Musterverfahren bindend. Entscheidet das Gericht zu Gunsten von VW, können die Verbraucher anschließend nicht mehr einzeln klagen. Einschätzungen, wie das Musterverfahren ausgeht, gibt es nicht, zumal mit einem solchen Musterverfahren in Deutschland juristisches Neuland betreten wird.

Die Einzelklage kann im Vergleich zur Musterklage die spezifischen Umstände des Einzelfalls viel genauer berücksichtigen und so können die Interessen des Verbrauchers zielgerichteter verfolgt werden. Außerdem ist sie effizienter und kann deutlich schneller zum Ziel führen. „Rechtsschutzversicherungen müssen bei Klagen im Abgasskandal eintreten. Daher ist die Einzelklage für Verbraucher mit Rechtsschutzversicherung der Musterklage vorzuziehen“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

Für andere Diesel-Fahrzeuge als die des VW-Konzerns ist die Individualklage ohnehin eine gute Option, wenn illegale Abschalteinrichtungen bereits bekannt geworden sind.

Rechtsanwalt Staudenmayer hat die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
1. Die Musterfeststellungsklage kann nur ein Feststellungsurteil oder einen Vergleich erreichen. Individuelle Schadensersatzansprüche müssen anschließend eigenständig eingeklagt werden.

2. Das Musterverfahren und die anschließend erforderliche Klage der Verbraucher kann sich durch die Instanzen ziehen, was zu einer Verfahrensdauer von 4-5 Jahren führen kann.

3. Bis im Musterverfahren und ggf. im erforderlichen Folgeverfahren ein abschließendes Urteil gesprochen wird, verlieren die Dieselfahrzeuge weiter an Wert, und es drohen Fahrverbote in immer mehr Städten.

4. Die Musterfeststellungsklage umfasst nur Fahrzeuge des VW-Konzerns mit dem Motortyp EA 189. Andere Fahrzeuge mit illegalen Abschalteinrichtungen sind nicht erfasst.

5. Die Feststellungen des Urteils im Musterverfahren sind für alle beteiligten Verbraucher bindend.

6. Es ist unwahrscheinlich, dass es zu einem Vergleich kommt.

7. Besonderheiten des Einzelfalls können im Musterverfahren nicht berücksichtigt werden.

8. Fehler im Musterklageverfahren würden sich negativ auf alle beteiligten Verbraucher auswirken.

9. Besteht eine Rechtsschutzversicherung muss diese in der Regel die Kosten bei einer Einzelklage übernehmen.

10. Die Zeit drängt – Schadensersatzansprüche gegen VW verjähren am 31.12.2018. Daher sollte jedenfalls rechtzeitig geklagt werden.

Mehr Informationen: https://www.ra-staudenmayer.de/t%C3%A4tigkeitsschwerpunkte/abgasskandal

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