Reisende, deren Flug eine Verspätung von mehr als drei Stunden hat, haben einen Anspruch auf eine Entschädigung gegen die Fluggesellschaft. Zwar besteht der Anspruch gemäß dem Wortlaut der Europäischen Verordnung nur bei Annullierung und nicht bei einer Flugverspätung eines Fluges. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jedoch im November 2009 entschieden, dass ein Anspruch auch bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden geltend gemacht werden kann.
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Maßgeblich für die Verspätung ist dabei nicht etwa die Verspätung des Abflugs oder die Ankunftszeit des verspäteten Zubringerfluges, sondern vielmehr die Zeit des Eintreffens am Endziel. Hierzu gibt es eine ganze Anzahl von Urteilen.
Mittlerweile ist aber strittig, ob nicht nur eine Flugverspätung von mehr als drei Stunden bei der Ankunft, sondern evtl. auch bereits beim Abflug notwendig ist. Welche Seite zum Beispiel diesen Punkt oder Frage geklärt haben will, ist klar.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung kann nach Art. 5 Abs. 3 der EG-Verordnung nur entfallen, wenn die Verspätung auf „außergewöhnliche Umstände“ zurück zu führen ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Die Fluggesellschaft muss darlegen und beweisen, dass die Verspätung auf Umstände zurückgeht, die aufgrund ihrer Natur oder der Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind. Beispielsweise fallen hierunter extreme Wetterbedingungen, die einen pünktlichen Start nicht zulassen.
Sehr oft geben Fluggesellschaften als Grund für die Flugverspätung technische Defekte an ohne diese konkret zu bestimmen. Bei durch technische Defekte verursachten Flugverspätungen kann sich die Airline nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (C-549/07) nur in extremen Ausnahmefällen auf das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ berufen, wie zum Beispiel bei einem Rückruf des Flugzeugherstellers, Terroranschlägen oder Sabotage. Beruht die Verspätung hingegen zumindest auch auf einer Fehlorganisation der Fluggesellschaft, war die Verspätung vermeidbar und der Ausgleichsanspruch besteht. Nach einem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt haftet die Airline sogar dann, wenn sie nicht selbst, sondern eine andere Firma für den Defekt verantwortlich ist.
Je nach Zeitdauer der Flugverspätung können Sie Entschädigungen zwischen 250, 400 oder 600 Euro fordern. Die Höhe der Ausgleichszahlung bestimmt sich nach der Weite der Flugstrecke. So beträgt die Ausgleichszahlung
a) 250 Euro bei allen Flügen über eine Entfernung von 1.500 km und weniger
b) 400 Euro bei allen Flügen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 und 3.500 km
c) 600 Euro und bei allen anderen nicht unter a) oder b) fallenden Flügen.
Klargestellt werden muss, dass Fluggesellschaften in den allermeisten Fällen trotz klarer Rechtslage vorgerichtlich keine Ausgleichszahlung leisten und vortragen, dass kein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht wegen technischer Defekt etc.
In gewissen Fällen bieten die Fluggesellschaften betroffenen Passagieren jedoch kleine aber nicht akzeptable Zahlungen oder Fluggutscheine in geringer Höhe an. Dies erfolgt natürlich nur aus Gründen der Kulanz, da kein Anspruch bestehen würde. Solche Angebote sollten Sie nicht annehmen. Die jeweilige Fluggesellschaft ist verpflichtet, wegen der Verspätung eine Entschädigung in Geld zu zahlen. Bei Nichteinhaltung der Pflichten kann gegen die Fluggesellschaft sogar ein Ordnungswidrigkeitenverfahren bei dem Luftfahrt-Bundesamt eingeleitet werden. Einen Grund auf die Entschädigung zu verzichten, besteht in den meisten Fällen nicht.
Mehr Informationen zu Flugentschädigungen bei Flugverspätungen: HIER
Autor: Rechtsanwalt Peter Ganz-Kolb
Ich weiß, das Thema ist mitunter nervenaufreibend. Airlines stellen sich gerne auch mal quer und lassen sich viel Zeit, wenn überhaupt eine Entschädigung gezahlt wird. Im Internet finden sich Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, sich in diesen Fällen mit den Fluggesellschaften auseinanderzusetzen. Eigentlich eine gute Sache, man muss ja nicht alles selbst machen und sollte solche unangenehmen Dinge an Experten abgeben.