Versicherer sind nicht in der Belehrungspflicht, wenn Versicherte arglistig falsche Angeben machen

Der fĂŒr das Versicherungsvertragsrecht zustĂ€ndige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Versicherer, selbst wenn er ĂŒber die möglichen Folgen von Falschangaben nicht ausreichend belehrt hat, zum RĂŒcktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt ist, wenn der Versicherungsnehmer oder der fĂŒr ihn handelnde Makler arglistig falsche Angaben im Antrag gemacht hat.

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Der KlĂ€ger, der zuvor mit einem Versicherungsvermittler einen Maklervertrag geschlossen hatte, stellte im Jahr 2010 bei dem beklagten Versicherer einen Antrag auf Abschluss einer Kranken- und Pflegeversicherung. Dort waren die Fragen nach Krankheiten und Beschwerden unvollstĂ€ndig und die nach psychotherapeutischen Behandlungen nicht beantwortet. In der Folge erhielt die Beklagte ein weiteres Antragsformular, in dem diese Fragen mit “nein” beantwortet wurden. Die Beklagte stellte hierauf einen Versicherungsschein aus. Mit Schreiben vom 22. September 2011 erklĂ€rte sie den RĂŒcktritt vom Vertrag, weil der KlĂ€ger ihr verschiedene erhebliche Erkrankungen verschwiegen hatte. SpĂ€ter erklĂ€rte sie noch die Anfechtung ihrer VertragserklĂ€rung wegen arglistiger TĂ€uschung. Die auf Feststellung gerichtete Klage, dass der Vertrag weder durch RĂŒcktritt noch durch Anfechtung beendet ist, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte wirksam vom Vertrag zurĂŒckgetreten.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Versicherer zum RĂŒcktritt vom Vertrag berechtigt ist. Der arglistig handelnde Versicherungsnehmer kann sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Pflicht des Versicherers, ihn ĂŒber die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zu belehren, berufen. Der Versicherer kann im Falle einer arglistigen TĂ€uschung durch den Versicherungsnehmer mithin auch dann vom Vertrag zurĂŒcktreten, wenn er den Versicherungsnehmer im Antragsformular entgegen den Anforderungen des § 19 Absatz 5 Versicherungsvertragsgesetz nicht oder nicht ausreichend belehrt hat.

Entscheidend hierfĂŒr ist, dass die Belehrungspflichten zum Schutz des Versicherungsnehmers angeordnet sind, der arglistig handelnde Versicherungsnehmer aber nicht gleichermaßen schutzwĂŒrdig ist. Der Versicherungsnehmer kann sich ferner auch nicht darauf berufen, er habe gegenĂŒber dem von ihm eingeschalteten Versicherungsmakler wahrheitsgemĂ€ĂŸe Angaben gemacht. Vielmehr muss er sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats grundsĂ€tzlich das arglistige Verhalten des Maklers zurechnen lassen. Einer der AusnahmefĂ€lle, in denen eine derartige Zurechnung nicht in Betracht kommt, lag im Streitfall nach den fĂŒr das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.

§ 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner VertragserklĂ€rung die ihm bekannten GefahrumstĂ€nde, die fĂŒr den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. 

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurĂŒcktreten.


(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den AbsÀtzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. 

Urteil vom 12. MĂ€rz 2014 – IV ZR 306/13
LG Bonn vom 12. November 2012 – 9 O 150/12
OLG Köln vom 19. Juli 2013 – 20 U 238/12
Karlsruhe, den 12. MĂ€rz 2014
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 12.03.2014

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