Wer ein Hilfsmittel braucht, landet schnell im Spannungsfeld aus persönlichem Bedarf und Kassenregeln. Das Sozialgesetzbuch V sichert Hilfsmittel als Kassenleistung zu (§ 33 SGB V). Gleichzeitig gilt: Die Versorgung erfolgt grundsätzlich über Betriebe, die einen Vertrag mit der Krankenkasse haben (§ 127 SGB V). Daraus folgt ein Wahlrecht – aber nicht grenzenlos. Man kann unter den Vertragspartnern der eigenen Kasse wählen. Das sichert Qualität, weil diese Betriebe zugelassen sind, und es deckelt die Kosten.
Die freie Wahl eines Hauses ohne Kassenvertrag ist damit nicht ausgeschlossen, aber riskant. Denn dann greift nicht mehr die Sachleistung der Kasse, sondern in der Regel nur noch die Kostenerstattung. Ohne Zusage drohen Eigenanteile weit über der üblichen Zuzahlung.
Vertragsnetz und echte Auswahl: Wie breit ist der Spielraum?
Die Breite der Auswahl hängt vom Vertragsnetz der Kasse ab. Manche schließen landesweit Verträge mit vielen Häusern wie dem Sanitätshaus ORTHOKA in Chemnitz und anderen ab, andere bündeln Leistungen über wenige Anbieter. Bei sogenannten Pauschalversorgungen, etwa bei Windeln oder Kanülen, steuert die Kasse oft zu bestimmten Lieferanten. Dennoch bleibt ein Kern an Wahl: Man kann zwischen den gelisteten Betrieben wählen, einen anderen Filialstandort nutzen oder um ein spezifisches Produkt innerhalb des Vertrages bitten, wenn es medizinisch passt und wirtschaftlich ist.
Wenn ein wohnortnaher Anbieter fehlt oder kein Vertragspartner das erforderliche Spezialprodukt anbietet, muss die Kasse helfen. Dann kommt eine sogenannte Einzelentscheidung in Betracht. Eine kurze, sachliche Begründung vom Arzt kann den Weg ebnen.
Außerhalb des Netzes: Wann Kostenerstattung Sinn ergibt
Greift man zu einem nicht gebundenen Sanitätshaus, geht das meist nur über Kostenerstattung. Rechtlich ist das nur sicher, wenn die Kasse nicht rechtzeitig leistet (§ 13 Abs. 3 SGB V) oder ein Notfall vorliegt. In allen anderen Fällen braucht es vorab eine Zusage. Ohne diese bleibt man auf der Differenz zwischen Kassensatz und Rechnung sitzen. Deshalb lohnt ein schriftlicher Antrag mit Kostenvoranschlag. Erst wenn die Zusage vorliegt, hat man Klarheit über die Erstattung.
Zuzahlungen, Mehrkosten und die Frage nach „besser“
Zuzahlungen bei Hilfsmitteln sind gesetzlich geregelt: zehn Prozent, mindestens fünf und höchstens zehn Euro je Hilfsmittel. Wer eine Ausführung wählt, die über den Kassenstandard hinausgeht, zahlt die Mehrkosten selbst. Wichtig ist die Abgrenzung: Notwendige Merkmale für Passform und Funktion sind Teil der Kassenleistung. Reine Komfort-Extras (z.B. bei Hörgeräten) gelten als Wunsch und sind privat zu tragen. Ein sauberer Kostenvoranschlag, der medizinische Gründe aufführt, verhindert Missverständnisse.
Qualität, Einweisung und Nachsorge sind Teil der Leistung
Zur Hilfsmittelversorgung gehört mehr als die Übergabe eines Produkts. Messen, Anpassen, Einweisen sowie eine sinnvolle Nachkontrolle sind Pflichtteile der Leistung. Bei Prothesen, Orthesen, Rollstühlen oder Kompressionsstrümpfen kann man darauf bestehen, weil nur so Sicherheit und Wirksamkeit gewährleistet sind. Wer feststellt, dass etwas nicht passt oder Druckstellen entstehen, meldet sich zeitnah – Nachbesserung ist kein Gefallen, sondern geschuldet.
So lässt sich das Wahlrecht praktisch nutzen:
- Vertragsliste der eigenen Kasse anfordern oder online prüfen. So sieht man, wer in der Region liefert.
- Vorab ein Gespräch führen: Hat das Haus Erfahrung mit dem konkreten Bedarf? Gibt es Referenzen und ausgebildetes Personal?
- Präzise Verordnung: Eine ärztliche Begründung zu Bauart, Material oder Zusatzteilen stärkt die Position.
- Kostenvoranschlag einreichen und schriftliche Zusage abwarten, wenn ein bestimmtes Produkt oder ein nicht gelistetes Haus gewünscht ist.
- Bei Ablehnung Widerspruch einlegen. Fristen beachten und medizinische Argumente nachreichen.
Wahl ja – mit klaren Spielregeln
Das Recht auf Wahl ist real, aber an das Vertragsgefüge der Kassen gebunden. Wer innerhalb des Netzes bleibt, bewegt sich sicher. Wer außerhalb sucht, braucht Begründung und Zusage. Mit guter Dokumentation, einem passenden Anbieter und einer klaren Kommunikation lässt sich eine Versorgung erreichen, die medizinisch trägt und finanziell nicht aus dem Ruder läuft.
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