Derzeit jagt eine Krise die nächste. Neben der Klimakrise und der Coronapandemie schlittern wir nun aufgrund des Ukraine-Kriegs direkt in die Gaskrise. Im August 2022 warnte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) davor, dass uns zweistellige Inflationsraten sowie ein Anstieg von Arbeitslosigkeit bevorstehen könnten. Russland hat seit Jahresbeginn die Rohstofflieferungen immer weiter heruntergefahren. Dadurch bleibt den Importeuren keine andere Wahl, als auf teure Alternativen zurückzugreifen, um die vertraglich vereinbarten Ziele zu erreichen. Des Weiteren wird derzeit mit Hochdruck daran gearbeitet, sich nicht weiter in die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu begeben. Auch hier sind Alternativen kostspielig. Die stark erhöhten Energiepreise wirken sich auch auf die Inflation aus. Unternehmen müssten, um die Mehrkosten tragen zu können, voraussichtlich Personal entlassen. Das IW geht derzeit davon aus, dass bis ins nächste Jahr knapp 340.000 Menschen zusätzlich von Arbeitslosigkeit betroffen sein können. Doch was bedeutet dies konkret für die Menschen und die Wirtschaft?
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Bei drohender Arbeitslosigkeit schnell aktiv werden
Gespräche zu der Energiekrise sind derzeit allgegenwärtig. In der Teeküche des Büros werden eventuell Gespräche über den aktuellen Kabinettsbeschluss gefasst, Büroräume in öffentlichen Gebäuden auf maximal 19 Grad zu beheizen. Merkt man aber, dass sich Vorgesetzte anders verhalten, Kollegen sich distanzieren oder die eigenen Aufgaben umverteilt werden, lohnt es sich, aktiv zu werden. Ist der Arbeitsvertrag nur befristet, sollte man frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und direkt ansprechen, dass man sich Sorgen um den Verlust des Arbeitsplatzes macht. Nur wenn man die Fristen der Arbeitssuchendmeldung und Meldung der Arbeitslosigkeit einhält, hat man die Chance, erfolgreich Arbeitslosengeld beantragen zu können.
Welche Fristen müssen beachtet werden?</h3
Generell ist die Arbeitsagentur drei Monate, bevor der Arbeitsvertrag endet, darüber zu informieren, dass Arbeitslosigkeit droht. Man spricht hierbei von der Arbeitssuchendmeldung. Das bedeutet, dass man spätestens ab diesem Zeitpunkt Unterstützung von der Behörde bei der Suche nach einer neuen Stelle erhält. Denn die Arbeitsagentur hat ein eigenes Interesse daran, möglichst wenig arbeitslosen Personen Arbeitslosengeld auszuzahlen. Verläuft die Suche nach einer neuen Anstellung erfolglos, sollte man spätestens am ersten Tag ohne Beschäftigung bei der Agentur vorsprechen, um sich arbeitslos zu melden. Nun kann auch das beantragte Arbeitslosengeld bewilligt werden. Erhält man unerwartet eine Kündigung, ist eine Meldung bei der Arbeitsagentur innerhalb von drei Tagen vorgesehen. Greift die Kündigung sofort, sollte man direkt bei der Behörde vorsprechen.
Weitere Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld
Um nach rechtzeitig erfolgter Arbeitssuchend- und Arbeitslosenmeldung Geld zu erhalten, muss man nicht nur den Antrag rechtzeitig stellen, sondern auch die Anwartschaftszeit erfüllen. Dafür betrachtet die Arbeitsagentur den Zeitraum der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit. War man in diesem Zeitraum mindestens 12 Monate pflicht- oder freiwillig versichert, erfüllt man die Anwartschaftszeit. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Tätigkeit an einem Stück ausgeübt wird oder ob man den Zeitraum bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeführt hat. Bei der Anwartschaftszeit werden im Übrigen auch Kindererziehungszeiten und Zeiten im Krankengeldbezug berücksichtigt.
So hoch ist das Arbeitslosengeld
Um das jeweilige Arbeitslosengeld zu berechnen, wird der Sachbearbeiter das Bruttoarbeitsentgelt des letzten Jahres als Grundlage herbeiziehen. Hieraus wird anschließend das durchschnittliche Tagesbrutto ermittelt. Man nennt diese Ziffer auch das Bemessungsentgelt. Vom Bemessungsentgelt zieht der Sachbearbeiter anschließend 21 % als fiktive Sozialversicherungspauschale ab. Dadurch erhält er das Leistungsentgelt quasi vergleichbar mit dem Tagesnettoarbeitsentgelt. Je nach Familiensituation bekommt der Bezieher von Arbeitslosengeld 1 anschließend 60, – 67 % des Leistungsentgelts ausgezahlt.
Zwei Faktoren entscheiden über die Zahlungsdauer
Wie lange man Arbeitslosengeld ausgezahlt bekommt, hängt zum einen von der Länge der versicherungspflichtigen Beschäftigung während der Anwartschaftszeit ab, zum anderen vom Alter des Antragsstellers. Ist man jünger als 50 Jahre, kann man maximal 12 Monate Arbeitslosengeld erhalten. Diese Dauer gilt, sofern man vorab 24 Monate Beschäftigung nachweisen kann. Hat man nur maximal 20 Monate Beiträge gezahlt, verkürzt sich die Bezugsdauer auf 10 Monate. Bei 16 Monaten Einzahlung werden 8 Monate und bei 12 Monaten Einzahlung werden 6 Monate Arbeitslosengeld 1 bewilligt. Mit Vollendung des 50. Lebensjahres erhält man bereits 15 Monate Arbeitslosengeld bei entsprechender maximaler Einzahlungsdauer. Die Bezugsdauer verlängert sich schrittweise mit zunehmendem Alter. Mit mindestens 58 Jahren kann man auf ganze 24 Monate Arbeitslosengeldbezug hoffen.
In diesen Fällen kann das Arbeitslosengeld ausgesetzt werden
Gelegentlich kommt es dazu, dass obwohl man die Anwartschaftszeit erfüllt hat, trotzdem kein Arbeitslosengeld sofort ausgezahlt wird. Man spricht hierbei von sogenannten Sperrzeiten. Letztendlich ist das Arbeitslosengeld eine Versicherungsleistung. Tritt die Arbeitslosigkeit jedoch selbst verschuldet auf, kann es dazu kommen, dass die Versicherung – in dem Fall die Arbeitsagentur – die Versicherungssumme teilweise zurückbehält. Dies kann beispielsweise durch eine Eigenkündigung, einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung oder bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung eintreten.
Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in Deutschland
Laut der Bundeszentrale für politische Bildung hatten sich die Arbeitslosenzahlen von den 1980er-Jahren bis 2005 immer weiter erhöht. Danach sank die Arbeitslosenquote kontinuierlich, bis sie 2011 einen Stand von unter 3 Millionen erreichte. Bis zur Coronapandemie setzte sich dieser Trend fort. Seitdem steigen die Zahlen wieder jährlich. Während 2019 2,3 Millionen beschäftigungslos waren, erhöhte sich die Zahl der Arbeitslosen 2020 sprunghaft auf 2,7 Millionen Menschen. 2021 sank die Arbeitslosenzahl minimal auf 2,6 Millionen ab. Durch die zusätzliche Energiekrise wird derzeit davon ausgegangen, dass dieser Wert nicht gehalten werden kann.
Welche Gruppen werden nicht als arbeitslos angesehen, obwohl sie keinen Job haben?
Wer allgemein als arbeitslos angesehen wird, definiert der § 16 SGB III. Es sind zum einen Personen ohne Beschäftigungsverhältnis, zum anderen alle Arbeitnehmer, die unverschuldet weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten. Gemeint sind damit all diejenigen, die gerne mehr Stunden arbeiten würden, jedoch keine sozialversicherungspflichtige Anstellung über mehr Arbeitsstunden finden. Personen, die das Renteneintrittsalter erreicht haben, sowie alle, die jünger als 15 Jahre sind, werden nicht in der Statistik berücksichtigt. Ebenso werden all diejenigen nicht aufgeführt, die sich nicht arbeitslos melden, weil sie beispielsweise durch Familienmitglieder versichert sind und versorgt werden. Darüber hinaus gelten auch Schüler, Studenten und Maßnahmenteilnehmer als nicht arbeitslos.
Allgemeine Empfehlung
Wer die Vermutung oder die Gewissheit hat, dass Arbeitslosigkeit eintreten kann, sollte sich mit der Arbeitsagentur in Verbindung setzen. Bei rechtzeitiger Meldung kann man das Maximum dessen, was einem an Arbeitslosengeld zusteht, erhalten. Im persönlichen Gespräch mit einem Sachbearbeiter können zudem Fragen beantwortet werden. Zudem ist dies der erste Schritt zurück in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.