021 O 4310/16 – Voller Schadensersatz ohne Abzug der Nutzung

021 O 4310/16 021 O 4310/16
Verbraucherfreundliches Urteil des LG Augsburg zum Aktenzeichen 021 O 4310/16

Mit dem Landgericht Augsburg hat ein erstes deutsches Gericht einem VW-Besitzer in einem Verfahren um Schadensersatz den vollen Kaufpreis ohne Abzug des Nutzungsentgelts zugesprochen. Es gab zwar schon Entscheidungen in Klagen zur Gewährleistung und zum Darlehenswiderruf – nicht aber in Bezug auf die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB, worauf Schadensersatzklagen gegen den Konzern, bzw. auch gegen andere Hersteller fußen.

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U.a. die Kooperationsanwälte der IG Dieselskandal sind in den letzten Wochen zunehmend dazu übergegangen, den vollen Schadensersatz zu fordern und hatten dabei stets mögliche Rechtsfolgen im Blick – wie immer, wenn man juristisches Neuland betritt. Da geht es um die Kommunikation mit der Rechtsschutzversicherung, um haftungsrechtliche Fragen, aber auch um Ansprüche, die man beim Mandanten weckt und eventuell nicht bedienen kann.

Mit dem Augsburger Urteil zum Aktenzeichen 021 O 4310/16 sind diese Bedenken Geschichte, denn Schadensersatzprozesse im Diesel-Skandal müssen in Zukunft fast zwangsläufig entsprechend formuliert werden, denn es gilt der Grundsatz: „Für den Mandanten das bestmögliche Ergebnis erzielen!“ Dies bedeutet – auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und VW die Berufung angekündigt hat: Klagen werden im Grundsatz ohne die Berechnung des Nutzungsersatzes formuliert und auch mit dem Hinweis, dass dieser VW nicht zusteht. Dieselbesitzern steht die volle Entschädigung zu.

In aktuellen Verfahren dürften mit Fällen beauftragte Anwälte dieses entscheidende Detail in der mündlichen Verhandlung vortragen.

Gerade in Bezug auf die ablaufende Verjährungsfrist für VW-Fälle dürften nun insbesondere Eigentümer von Fahrzeugen mit hoher Laufleistung Hoffnung schöpfen. Zum einen waren Anträge bei der Rechtsschutzversicherung vielfach aus wirtschaftlichen Erwägungen abgelehnt worden, zum anderen lohnt sich ein Verfahren nun, denn nach einer gewonnenen Klage sind Dieselbesitzer so gestellt, als habe es den Kaufvertrag niemals gegeben. Neben dem Kaufpreis werden auch Zinsen erstattet und die Anwalts- und Gerichtskosten komplett von der Gegenseite übernommen. Betroffen vom aktuellen Urteil sind alle Autobesitzer, deren Fahrzeug zurückgerufen wurde, oder die eine vorsätzliche Schädigung durch ein Expertenurteil nachweisen konnten.

Hintergrund des Urteils: Wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hat der Volkswagen-Konzern kein Recht, die Nutzungsentschädigung vom Kläger zu verlangen. Das gilt vorerst – und zumindest bis zum Ergebnis einer eventuell anderslautenden Entscheidung des für die Berufung zuständigen Oberlandesgerichts. Im aktuellen Fall handelte es sich um ein sechs Jahre altes Auto mit einer für dieses Alter üblichen Laufleistung. Bislang üblich war hier ein Nutzungsersatz um die 5000 Euro aufwärts.

Der Richter vertrat die Auffassung, dass es Nutzungsersatz nach einer bewusst vorgenommenen sittenwidrigen Handlung grundsätzlich nicht geben könne, dies widerspräche § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Konkret: Wer betrügt muss zahlen und hat kein Anrecht auf irgendwelche Verrechnungen zur Reduzierung des Schadensersatzanspruchs des Betrogenen.

Das Urteil soll sogar Einfluss auf den VW-Aktienkurs haben, denn es stärkt die Erfolgsaussichten des anstehenden Musterverfahrens extrem. Kernpunkt des Verfahrens soll es ja auch sein, gerade das Nutzungsentgelt verbraucherfreundlich zu verhandeln. Wird das Urteil bestätigt, dann entfallen auch die anschließenden Individualklagen, denn die Höhe des Schadensersatzes entspricht dann automatisch der im Kaufvertrag aufgeführten Summe plus Zinsen ab Erwerb des Autos. Ein Verhandeln darüber ist dann nicht mehr notwendig und widerspräche dem Grundsatz der Kostenvermeidung.

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