Unfall Waschgarage

BGH-Urteil zieht Waschanlagenbetreiber aus der Verantwortung für Unfälle in der Waschstraße
Es tauchen in einer ordentlich funktionierenden Waschanlage in der Regel zwei relevante Sicherheitsprobleme auf: Erstens der Mensch und zweitens Auto. In solchen Anlagen kommt es immer öfter zu Schäden – durch menschliches Fehlverhalten oder durch Computerfehler der Autosoftware. Der BGH hat nun festgestellt, dass grundsätzlich erstmal nicht der Betreiber einer Waschanlage in Verantwortung gezogen werden kann.

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In automatischen Waschstraßen werden PKWs ohne Steuerung durch den jeweiligen Eigentümer, jedoch in dessen Beisein, durch den mehrstufigen Reinigungsprozess geführt. Das Fahrzeug wird dabei wie auf Schienen bewegt. Aus Sicherheitsgründen haben Fahrer unbedingt die Hände vom Lenker und den Fuß von der Bremse zu halten. Nicht weiter schwer – aber was passiert, wenn der Motorelektronik der Sinn nach etwas Anderem steht oder ein unaufmerksamer Fahrer doch mal auf die Bremse tritt?
Das Sicherheitsrisiko „Autofahrer“ ist nun auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto am Bundesgerichtshof (VII ZR 251/17) angekommen.

Ein Nutzer einer Waschanlage konnte seinen Fuß nicht von der Bremse lassen, was zu einem Auffahrunfall mit insgesamt drei beteiligten Fahrzeugen führte. Der Beteiligte in der Mitte forderte Schadensersatz in Höhe von 1200 € und klagte sich damit durch die Instanzen. Der BGH stellte fest, dass den Betreiber der Anlage keinerlei Schuld trifft – sofern er den Nutzern die Gefahr des selbstständigen Bremsens ausreichend deutlich gemacht hat. Ob ausreichend gewarnt wurde oder nicht, muss nun im Landgericht Wuppertal abschließend geklärt werden. Der Fall ging zurück an die Berufungsinstanz.

Dem klagenden Autofahrer hatte das Amtsgericht noch Schadensersatz seitens des Waschanlagenbetreibers eingeräumt, das Landgericht Wuppertal versagte ihm jedoch jenen Schadensersatz, da der Betreiber den Auffahrunfall nicht hätte verhindern können und ihn genauso wenig selbst ausgelöst hatte. Zum Aktenzeichen Az. VII ZR 251/17 musste im Bundesgerichtshof jetzt grundsätzlich entschieden werden, in welchem Rahmen Anlagenbetreiber auf mögliche Ausfälle in der Technik, menschliches Versagen oder künstliche Intelligenz von Fahrzeugen vorbereitet sein müssen oder ob Fahrzeugeigentümer verpflichtet werden können, ihre Autos so unter Kontrolle zu haben, dass sie im Waschstraßenverkehr kein unkontrollierbares Eigenleben führen.
Dabei ist nicht zwangsläufig immer der Mensch der Auslöser für Fehlfunktionen.

Das Urteil legt eben nur fest, dass der Betreiber nicht in Verantwortung gezogen werden kann ist, wenn er seinen Pflichten entsprechend nachgekommen ist. In Waschanlagen fahren zum Beispiel häufig Antennen automatisch aus oder Fenster, Türen oder Kofferraumklappen öffnen sich. Weitaus komplexere Verfahren lösen aber auch Sicherheitsfunktionen aus, zum Beispiel die Müdigkeitserkennung oder die Notbremse bei Abstandsunterschreitung. Laut Anlagenbetreiber ist es gar nicht möglich, eine absolute Gewährleistung der funktionalen Sicherheit ihrer Anlagen zu übernehmen. Im vorliegenden Fall war das Kläger-Fahrzeug – ein BMW – bei einer Geschwindigkeit von 4 km/h verunfallt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hatte der Anlagenbetreiber alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt.

Eine Pflichtverletzung, die den Beklagten zugerechnet werden kann, liege nicht vor – dies hatte das Landgericht zuvor entschieden. Für den Schaden am BMW sei ausschließlich der Fahrer des vorausfahrenden Mercedes zu verantworten. Eine technische Fehlfunktion der Waschanlage als Auslöser des Vorfalls sei auszuschließen. Außerdem könne eine Pflichtverletzung der Beklagten in Form der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht ebenso wenig festgestellt werden. Die betroffene Waschanlage entspreche nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Sachverständigen den allgemein anerkannten Vorschriften der Technik. Ob die Nutzer allerdings ausreichend über Gefahren informiert wurden, muss im Landgericht nach der Rückgabe des Verfahrens geklärt werden.

Für Betreiber von Autowaschanlagen hat das Urteil jetzt aber trotzdem weitreichende Konsequenzen. Sie müssen nämlich ab sofort gut sichtbar Schilder an Ihren Anlagen anbringen, die auf etwaige Gefahren durch eigenmächtiges Bremsen hinweisen. Sollte ein Betreiber demnächst ohne solche Hinweise seinen Betrieb weiterführen, manövriert er sich geradewegs in die Schadensersatzpflicht.
Für die Experten der IG Dieselskandal wird die Diskussion nicht von der richtigen Seite angegangen. Die Entscheidung, laut Experten, sei zum neuen Rechtsgebiert ‚Car-IT‘ zuzuordnen und dementsprechend separat vom Verkehrsrecht zu behandeln. Langfristig muss man überlegen, in welchem Rahmen man künstlicher Intelligenz Verantwortung überlassen will und wer im Fall von Computerfehlern für den Schaden aufkommen soll. Eins ist sicher: der Mensch als Schadenverursacher wird immer mehr in den Hintergrund treten.

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