Nichts beschreibt mehr die absolute Konzeptlosigkeit des Ringens um Erleichterungen und Entschädigungen für Opfer des Dieselskandals als die sogenannte 14-Städte-Liste. Hier hatte sich die Autoindustrie schon vor dem abschließenden Dieselgipfel am 1. Oktober 2018 auf 14 deutsche Städte festgelegt, in denen die Schadstoffbelastung im Jahresschnitt mit mehr als 50 Mikrogramm Stickoxid pro 1000 Liter Luft gemessen wurde. Nun hat sich wohl auch die Koalition auf diese Städteliste festgelegt – nur hier soll es verpflichtende Umtauschprämien und Angebote für Nachrüstungen für Euro-5-Diesel geben. Damit will man Fahrverbote abwenden und Besitzern älterer Diesel, die in den Regionen wohnen, entgegenkommen.
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Emissionswerte in den Städten im Fokus
Besondere Umtauschprämien und Katalysator-Nachrüstungen soll es für München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg a.d. Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg geben. Nicht aufgeführt in dieser Liste: Frankfurt und das Umland, wo aufgrund dauerhafter Überschreitung des Grenzwertes von 40 Mikrogram ab September 2015 ein Fahrverbot für Euro-5-Diesel gelten wird, Euro 4 Diesel dürfen in der Frankfurter Innenstadt schon ab Februar 2019 nicht mehr bewegt werden.
Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass in insgesamt 70 deutschen Städten das Jahresmittel höher als 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft ist. Autofahrer aus Frankfurt – immerhin Deutschlands Pendlerhauptstadt – auszunehmen ist eigentlich ein schlechter Witz…Auch Wiesbaden und Mainz stehen nicht auf der Liste. Allerdings: Die Stoßrichtung der Koalitions-Initiative ist nachvollziehbar: Die Politik hat nicht dafür zu sorgen, dass VW und Co zufriedene Kunden haben, sondern dass die Luft in den Städten besser wird.
Die Koalitionsrunde aus Ralph Brinkhaus (CDU), Andrea Nahles (SPD) und Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Nacht durchdiskutiert. Was herauskam wird als Maßnahmenpaket gegen Dieselfahrverbote in deutschen Städten bezeichnet. Das Fünf-Punkte-Papier beinhaltet ein „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“.
Betroffene „in der Fläche“ benachteiligt
Das die Dieselbesitzer in der Allgemeinheit nicht im Fokus stehen, ist jetzt endgültig klar, denn nur in den betroffenen 14 Städten müssen Umtauschprämien angeboten und Nachrüstungen durchgeführt werden. Im schlechtesten Fall hat eine Familie auf dem Land, die einmal im Jahr die Oma in Berlin besucht, keinen Anspruch auf ein Entgegenkommen der Hersteller. Bei den Umtauschprämien sind Summen von bis zu 10.000 Euro im Gespräch. Völlig offen ist aber, ob die Unternehmen solche Angebote machen oder ob sie sich an der Entwicklung von Nachrüsttechnik beteiligen. BMW hat solchen Plänen bereits eine Abfuhr erteilt. Ob Details, wie z.B. die Prämie auch beim Kauf eines Gebrauchtwagens gezahlt werden muss, mit der Industrie abgesprochen sind bleibt als eine von vielen offenen Fragen derzeit im Raum stehen.
Die Anwälte der IG Dieselskandal empfehlen Opfern des Dieselskandals, sich von den neuen Möglichkeiten nicht beeindrucken zu lassen, denn noch immer sei die komplette Rückabwicklung und der Neukauf eines alternativen Fahrzeugs die beste Option zur Schadensbegrenzung im Abgasskandal. Betroffene sollten auch überlegen, ob sie sich den Risiken einer Nachrüstung überhaupt aussetzen wollen. Die Technik ist komplex und ohne das aktive Zutun aller Hersteller eigentlich nicht zu meistern. Die IG Dieselskandal hat mit www.updatefolgen.de ein Portal veröffentlich, auf dem Opfer des Dieselskandals über die Folgen von Softwareupdates berichten können. Und wenn ein simples Update schon solche Schwierigkeiten verursacht, welche Probleme wird dann ein komplexer hardware-Eingriff in die Abgasverarbeitung bringen?
Auch Finanzierung und Haftung sind bislang noch völlig unzureichend aufgearbeitete Themen. Offen ist auch, inwieweit die Hersteller „mitmachen“
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