Vor einer Operation hat der Arzt gegenüber dem Patienten Aufklärungspflichten. Dazu gehört auch die Aufklärung über die echte Alternative einer konservativen Behandlung, wenn die OP nur relativ indiziert ist, d.h. wenn sie für den Patienten zwar vorteilhaft aber nicht zwingend erforderlich ist. Verletzt der Arzt diese Aufklärungspflicht, hat der Patient Anspruch auf Schmerzensgeld. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 15. Dezember 2017 entschieden (Az.: 26 U 3/14).
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In dem zu Grunde liegenden Fall litt der Patient seit Jahren unter Rückenschmerzen. Nach einem stationären Aufenthalt in der Klinik mit konservativer Behandlung, riet der behandelnde Arzt nach der Erstellung eines CTs zu einer Operation am verengten Wirbelkanal der Lendenwirbelsäule. Der Patient stimmte dem Eingriff zu und die OP wurde ausgeführt. Nach dem Eingriff stellten sich bei dem Patienten neurologische Ausfälle in beiden Beinen ein. Es zeigten sich Lähmungserscheinungen sowie weitere dauerhafte Schäden. Zwei Revisionsoperationen führten zu keiner nachhaltigen Besserung.
Der Patient, der nun weitgehend auf einen Rollstuhl angewiesen ist, klagte schließlich auf Schmerzensgeld. Die Klage hatte in zweiter Instanz vor dem OLG Hamm Erfolg. Der Arzt habe den Patienten vor der ersten OP nicht ausreichend aufgeklärt, so der 26. Zivilsenat des OLG Hamm. Daher sei die erteilte Einwilligung zu dem Eingriff unwirksam. Auch von einer hypothetischen Einwilligung des Klägers sei nicht auszugehen. Da der Patient vor der OP keine neurologischen Ausfallerscheinungen gezeigt habe, sei die Operation nur relativ indiziert gewesen. Die konservative Behandlung hätte als echte Behandlungsalternative fortgeführt werden können. Darüber hätte der Arzt den Patienten aufklären müssen. Wenn es mehrere Behandlungsmöglichkeiten gebe und der Patient echte Wahlmöglichkeiten habe, müsse er über die Alternativen vollständig aufgeklärt werden und könne dann anhand der Informationen entscheiden, welche Behandlungsmethode durchgeführt werden soll und auf welches Risiko er sich einlassen wolle. Je weniger dringlich sich der Eingriff nach medizinischer Indikation und Heilungsaussicht darstelle, desto genauer müsse der Patient über alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt werden, so der Senat. „Bei Operationen, die nicht dringend und zwingend erforderlich sind, muss der Arzt den Patienten besonders sorgfältig über bestehende Risiken und alternative Behandlungsmethoden aufklären. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Patient Anspruch auf Schmerzensgeld haben“, erklärt Rechtsanwalt Andreas Lambrecht aus Berlin.