Nach Meinung eines Hagener Fachanwaltes für Bank- und Kapitalmarktrecht ist der Widerrufsjoker alles andere als tot, auch wenn die Möglichkeit, vor 2010 geschlossene Immobiliendarlehen wegen falscher Widerrufsbelehrungen zu widerrufen, per Gesetz zum 21. Juni 2016 arg eingeschränkt wurde. Für Rechtsanwalt Ralf Buerger von www.anwalt4you.net steht fest: „Über 50 % aller Immobliendarlehen die zwischen 2002 und 2010 geschlossen wurden sind weiterhin widerrufbar, selbst wenn es den ‚Widerrufsjoker‘ offiziell gar nicht mehr gibt.“
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Buerger zitiert §38 der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften
Dort steht unter (3) in Bezug auf die Betroffenheit von Verträgen:
„Bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 492 Absatz 1a Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vom 1. August 2002 bis einschließlich 10. Juni 2010 geltenden Fassung, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, erlischt ein fortbestehendes Widerrufsrecht spätestens drei Monate nach dem 21. März 2016, wenn das Fortbestehen des Widerrufsrechts darauf beruht, dass die dem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen hat.“
Was das bedeutet ist dann im genannten § 492 Absatz 1a Satz 2 a.F. des Bürgerlichen Gesetzbuches nachzulesen:
„Immobiliardarlehensverträge sind Verbraucherdarlehensverträge, bei denen die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind.“
Laut Buerger bezieht sich diese Üblichkeit auf die „Marktüblichkeit“ und demzufolge darauf, ob das gewährte Darlehen zu einem zum Abschlusszeitpunkt üblichen Zinssatz abgeschlossen wurde. Buerger: „Meiner Meinung nach wurden über 50 % aller Verträge nicht zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen und deren Widerruf ist alles andere als gestorben, sondern heute noch zuverlässig duchsetzbar.“
Dazu ist es auch nach Meinung weiterer Widerrufsexperten aus der Gruppe www.jetzt-widerrufen.de lediglich notwendig, neben der Fehlerhaftigkeit der Belehrung auch noch die Marktüblichkeit der angebotenen Finanzierung durch ein Gutachten prüfen zu lassen. Mit dem Nachweis der Marktunüblichkeit haben sich schon Verfahren vor dem BGH befasst. Der Fachanwalt ist sicher: „Juristisch sind noch unzählige Widerrufe sehr Erfolg versprechend!“
Buerger: „Der Widerrufsjoker ist nicht tot, er ist seit dem 21. Juni 2016 für Altverträge nur in einem etwas aufwändigeren Rahmen durchzusetzen!“
Der Widerruf ist möglich, solange die Belehrung fehlerhaft ist und die Marktunüblichkeit nachgewiesen werden kann, unabhängig davon, ob die Verträge zwichenzeitlich komplett abgelöst oder durch Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung beendet wurden.