28 U 232/16 – OLG Hamm: Keine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung notwendig

28 U 232/16 28 U 232/16
Ganz schön kompliziert: Durch das Dickicht der Abgasrohre - hier PORSCHE - blickt keiner mehr durch

OLG Hamm – 28 U 232/16 – Anwalt des Klägers: Torsten Schutte, Berlin
Aktuell sind deutsche Gerichte die einzige Instanz, die wenigstens für einen rudimentären Verbraucherschutz im Abgasskandal sorgen. Bestes Beispiel: Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer mündlichen Verhandlung am 11. Januar 2018 zu erkennen gegeben, dass es die Abschaltvorrichtung als erheblichen Mangel einstufen könnte – auch ohne Fristsetzung zur Abschaltung (Az.: 28 U 232/16). Das Urteil des Landgerichtes Hagen hatte einem klagenden Verbraucher wenig Hoffung auf einen schadlosen Ausstieg aus dem Abgasskandal gemacht und die von VW verwendete Abschaltvorrichtung zwar auch als Mangel bestätigt, aber die fehlende Fristsetzung kritisiert. Das Hammer Obergericht sieht’s anders, sehr zur Freude von Rechtsanwalt Schutte aus Berlin, der dieses Verfahren für ZSKS Rechtsanwälte juristisch begleitet. Das OLG geht nicht davon aus, dass der Kläger eine angemessene Frist zur Abschaltung des Mangels hätte gewähren müssen.

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In der mündlichen Verhandlung vor dem OLG Hamm war klar geworden:

  • die Abschaltvorrichtung des Fahrzeugmotors sei ein Sachmangel des Fahrzeugs (§ 434 Abs. 1. S. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch)
  • die Nachbesserung sei für den Fahrzeugbesitzer unzumutbar, was ein diesbezügliche Frist entbehrlich macht (§ 440 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch)
  • es handelt sich demnach um einen erheblichen Fahrzeugmangel (§ 323 Abs. 5 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch)

Auf eine solche Reaktion hatte der Berliner Jurist so nicht unbedingt gewettet: „Das Gericht stellt den Mangel ziemlich eindeutig fest und macht dem Audi-Händler wenig Aussichten auf eine weiterhin erfreuliche Fortsetzung des Verfahrens.“ Im VW Abgasskandal hatte schon das OLG Köln mit einem Hinweisbeschluss Fakten geschaffen und die Nichtzulassung einer Berufung eines VW-Händlers angekündigt.

28 U 232/16 – Rechtsanwalt Torsten Schutte

Im aktuellen Verfahren hatte ein AUDI Fahrer nach Bekanntwerden der Details zum Abgasskandal seinen 2,0 A6 TDI zurückgeben wollen. Das Landgericht Hagen war zwar der Meinung, dass ein Mangel vorliegt, hatte sich in der klageabweisenden Urteilsbegründung aber daran festgehalten, dass dem Händler keine angemessene Pflicht zur Nachbesserung angeboten worden war. Dies sei zwingend Voraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag.

„Stimmt so nicht“, argumentiert nun das OLG Hamm. Rechtsanwalt Schutte geht davon aus, dass das Gericht einen Verfahrensvorschlag machen wird, den anzunehmen der Händler gut beraten wäre!

Rechtsanwalt Schutte steht im Abgasskandal für den Standpunkt: „Der Kläger bekommt alles“ und fährt aktuell recht gut mit dieser harten Linie, die etwaigen Nutzungsentschädigungen oder schlechten Vergleichen eine klare Absage erteilt. Rechtsanwalt Torsten Schutte vertritt seit Beginn des Bekanntwerdens des Abgasskandals die Auffassung, dass Kunden gegenüber dem Händler sofort vom Vertrag zurücktreten konnten. Die weit überwiegende Zahl der Landgerichte in Deutschland wiesen die Klage in der ersten Instanz ab und wollten rechtlich durchsetzen, dass der betrogene Kunde doch eine Frist setzen und dem jeweiligen Händler eine Möglichkeit der Nachbesserung geben müsse.

Rechtsanwalt Torsten Schutte sah dies als völlig verfehlte Rechtsprechung an und legt seither in sämtlichen Verfahren Berufung ein. Vor den Oberlandesgerichten war dann nun zum ersten Mal überhaupt eine Verhandlung durchgeführt. Das OLG Hamm war dann auch deutlich:

„Mangelndes Unrechtsbewusstsein“ wurde dort dem Hersteller unterstellt. Und aus diesem und anderen Gründen, ist dem Kunden auch gegenüber dem Vertragshändler unzumutbar, eine Nacherfüllung überhaupt über sich ergehen zu lassen. Denn der Vertragshändler handelt und repariert etc. ausschließlich nach Weisung des Herstellers. Rechtsanwalt Torsten Schutte behauptet schon seit Anbeginn der Prozesse, dass deswegen einem Vertragshändler auch nicht mehr eine seriöse Nacherfüllungsfähigkeit unterstellt werden kann.

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